Ich finde, wir brauchen keine Kommunalpolitiker, die nicht ein einziges gutes Haar an ihrer Stadt – und ihren Politikerkolleginnen und -kollegen – lassen. Draufzuhauen, Kübel auszuschütten sowie zu dem Schluss zu kommen, angesichts des Umfeldes am Hauptbahnhof „möchte man sich auf dem Fuße umdrehen und gleich wieder wegfahren aus Wuppertal“ – was soll das? Wohin denn? Ins stets so gepriesene Düsseldorf? Wie ist es denn dort um das Umfeld des Hauptbahnhofes bestellt? Schon mal Bertha-von-Suttner-Platz-Luft geschnuppert, Herr Ulsmann?
Keineswegs so einfach hat es sich ein Freie-Wähler-Kommunalpolitiker von anderem Schrot und Korn gemacht: Ralf Geisendörfer, zuvor über 20 Jahre Mitglied und Stadtpolitiker der CDU, der vor wenigen Tagen im Alter von 76 Jahren gestorben ist.
Ich kannte Geisendörfer, der als gebürtiger Würzburger seine alte Heimat nie vergessen sowie seine seit rund 30 Jahren „neue“ Heimat Wuppertal nie in Bausch und Bogen kaputtgeredet hat, sehr, sehr lang. Und nein, ein einfacher Mann in der politischen Auseinandersetzung war Geisendörfer nicht. Weiß Gott nicht. Aber einer, der sich reingehängt hat – das war er. Ganz bestimmt hat er sich dabei auch immer wieder einmal in der Wortwahl vergriffen. Keine Frage.
Aber die Öffnung der Luisenstraße zur Briller Straße, die seine damalige Partei CDU vor Jahrzehnten mit Vehemenz wollte, und die das Luisenviertel de facto zum Durchgangsverkehrs-Areal degradiert und zerstört hätte, die hat er (mit-)verhindert. So etwas gerät leider allzu schnell in Vergessenheit. Oder das weithin schtbare „Schwimmoper“-Schild auf dem Gebäude am Johannisberg. Dafür hat er sich zäh und unermüdlich stark gemacht. Auch solche Kleinigkeiten, die gerne für selbstverständlich gehalten werden, vergessen die Leute schnell.
Oder ein Banner auf der Rückseite des Schauspielhauses, sodass die zahllosen Menschen, die mit der Schwebebahn daran vorbeirauschen, lesen können, dass hier das zukünftige Pina-Bausch-Zentrum entstehen wird. Klingt einfach. War es nicht.
Dass er gegen die BUGA war und einer der wesentlichen Motoren zur Verhinderung der Seilbahn auf die Südhöhen gewesen ist – das habe ich Ralf Geisendörfer übel genommen. Gebe ich gerne zu. Trotzdem haben wir regelmäßig geredet. Denn an Wuppertal lag ihm viel. Und vieles ging ihm viel zu langsam. Wem nicht?
Sein Ziele, das hässliche „Steinbecker Tor“ in der Südstadt farbig zu gestalten oder den tristen Unterführungstunnel zwischen Südstraße und Wall bunt werden zu lassen, blieben unerfüllt. Nachgelassen hat er bei beiden Themen bis zuletzt nicht.
Oh ja, er hat richtig viele Ecken und Kanten gehabt. Aber solche Leute gibt’s in der (Kommunal-)Politik viel zu selten. Früher auch schon. Heute erst recht.