Das begann schon mit den organisatorischen Auswirkungen der Tatsache, dass durch Überhangs- und Ausgleichsmandate plötzlich 80 statt vorher 66 Stadtverordnete im Ratssaal untergebracht werden mussten. Folge (neben 250.000 Euro Umbaukosten): Zähe Verhandlungen über die Sitzordnung, weil nicht mehr alle Fraktionsvorsitzenden in die erste Reihe passten ...
Eine mehrheitsfähige Koalition gab es im neuen Rat von Anfang an nicht, nur ein „Kernbündnis“ zwischen CDU und Grünen, das gemeinsam Oberbürgermeister Uwe Schneidewind ins Amt gehoben hatte und im Mai 2022 geräuschvoll platzte. Danach arbeiteten sich SPD, CDU und FDP in einer Art „GROKO+“ regelmäßig am politisch machtlosen OB ab – und auch an sich selbst, während am rechten und linken politischen Rand Austritte, Spaltungen und Umgruppierungen an der Tagesordnung waren.
Dass aus so einer Konstellation heraus Wuppertal nicht nach vorne gebracht worden ist, wundert nicht weiter. Statt mit wegweisenden Beschlüssen machte der Rat 2023 überregional Schlagzeilen, weil nach langem Dezernats-Geschacher die eigentlich verabredete und als Formsache betrachtete Wahl des Kölner FDP-Mannes Alexander Vogel zum Beigeordneten für Wirtschaft und Co. krachend scheiterte. Das brachte den politisch Verantwortlichen neben gegenseitigen Vorwürfen sogar offene Rüffel-Briefe der Bürger- und Bezirksvereine und der Wuppertal-Botschafter ein – in der jüngeren Stadtgeschichte ein absolut einmaliger Vorgang.
In den Sand gesetzt wurde aber noch viel mehr: Jahrelang hat sich der Rat widerspruchslos die zeitlich abstrus ausufernden Fernwärme-Bauarbeiten in der Elberfelder City angesehen. Genausowenig gab es Ambitionen, das der Bevölkerung seit einer Ewigkeit auf den Nägeln brennende Thema fehlender öffentlicher Toiletten in der Stadt (siehe unzählige Leserbriefe) anzugehen. Und auf die von der Bezirksregierung geforderte Identifizierung neuer potenzieller Gewerbegebiete reagierte der Rat mit der Einsetzung einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Fraktionen, deren Flächenvorschläge mangels Bereitschaft der Grundstückseigentümer zum Verkauf gar nicht realisierbar waren, oder an massiven Bürger-Protesten scheiterten.
Anderes Beispiel: Bei der für Elberfeld zentralen Frage nach der Zukunft des leeren Kaufhof-Gebäudes wurde die erste Idee einer schulischen Nutzung im Rat 2024 nicht zuletzt deshalb abgeschmettert, weil sie aus dem ungeliebten OB-Büro kam ...
Dass es der Rat unter diesen Umständen immerhin geschafft hat, mit großer Mehrheit weiter zur Entscheidung für das Schlüsselprojekt BUGA 2031 zu stehen, ist da fast schon eine Überraschung. Vorstöße der CDU in anderer Richtung kamen in der seit geraumer Zeit tief zerstrittenen Partei bekanntlich intern nicht so gut an.
Zu den Rats-Pleiten gehörte übrigens auch das nahezu komplette Desinteresse an den Ideen für eine Bergische Arena. Nur weil die Solinger Kollegen es mit Blick auf den designierten Standort an der Klingenhalle auch nicht besser machten, hat Wuppertal jetzt eine neue Chance bekommen: Mit dem aus der Verwaltung heraus erarbeiteten Vorschlag für eine nachhaltig im Zeichen der Kreislaufwirtschaft gebaute Arena auf dem Schaeffler-Gelände. Den Beschluss, dieses private Investoren-Vorhaben planerisch (nicht finanziell!) nach Kräften zu unterstützen, hat der Rat am Dienstag mit für seine Verhältnisse atemberaubender Geschwindigkeit,und bis auf eine Enthaltung auch einstimmig, gefällt – wichtiger und richtiger Rückenwind für das Top-Projekt.
Treibende Kraft dahinter war übrigens Wirtschaftsdezernentin Sandra Zeh, die es ohne das Wahldebakel im Fall Vogel (siehe oben) gar nicht gäbe. Das nennt man dann wohl Glück im Unglück ...