Aber Klimt ist das Portrait einer Industriellen-Tochter leider anatomisch ziemlich misslungen, weil die Arme der Dame leider fast doppelt so lang sind wie ihre Beine und sie damit insgesamt aussieht wie eine Figur auf einem Mottowagen im Karneval.
Um es mal diplomatisch zu formulieren: Unter den Ergebnissen des Malwettbewerbs in der „Dachs-Gruppe“ der Kindertagesstätte meines Enkels wäre das zweitteuerste Bild der Welt nicht weiter aufgefallen – und hätte schon gar nicht das als Preis für das beste Werk ausgelobte Überraschungs-Ei gewonnen ...
Ich bin aber nicht der Einzige, der sich mit Kunst etwas schwer tut. Denn im Juli las ich einen Bericht über einen schlimmen Zwischenfall im Museum Centre Pompidou in Metz, für den ein noch größerer Kunstbanause als ich verantwortlich war: In dem französischen Ausstellungshaus wurde seinerzeit ein Werk des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan präsentiert, das den Titel „Comedian“ trägt und – sie werden es angesichts des Titels schon geahnt haben – aus einer Banane besteht, die mit einem Stück Klebeband an der Wand befestigt ist.
Weil der Herstellungsprozess dieses bedeutenden Beitrags zur Gegenwartskunst inklusive Besuch im Obstladen wahrscheinlich lediglich eine halbe Stunde gedauert hat, beträgt der Wert dieser komplexen Installation auch nur im Vergleich zu Klimts Bildnis geradezu läppische sechs Millionen Euro. Deshalb ist es nicht ganz so schlimm, dass ein Besucher aus Holland die Banane einfach aufgegessen hat, weil er mal probieren wollte, wie eine so teure Südfrucht schmeckt.
Das Gleiche ist dem „Comedian“ auch schon 2019 in Basel und 2022 in Seoul passiert, weshalb die Kuratoren inzwischen eine gewisse Routine darin entwickelt haben, die Banane zu ersetzen. Das müssen sie ohnehin gelegentlich tun, weil die Dinger irgendwann faul werden. Da hat man natürlich für den nicht unerheblichen Aufpreis am Klimt immerhin doch ein bisschen länger Spaß.
Banane und Klebeband und vielleicht auch eine plausible Erklärung, was dieses Werk soll, sind übrigens noch bis Februar in Metz zu besichtigen. Nicht mehr zu sehen ist dagegen ein Kunstwerk, das bis zum 14. Dezember in der Barmer Kunsthalle ausgestellt wurde. Es gehört in eine ähnliche Kategorie wie die Banane mit Klebestreifen, hat aber einen erheblich höheren Materialwert und hört auf den Namen „Porschepfütze“.
Der Titel ist sehr viel treffender als „Comedian“ für eine an die Wand gepappte Banane, weil der zuständige Künstler Bastian Hoffmann für dieses Werk einen ausgewachsenen Porsche Cayenne geschreddert und eingeschmolzen hat. Übrig geblieben sind davon ein silberner Klecks, der früher der Motorblock war, und eine schwarze Platte mit ein paar Farbpigmenten drin, die der Künstler nach vermutlich wochenlanger kreativer Auseinandersetzung mit den Relikten als Bild über diesen Klecks gehängt hat.
Nun neigen die meisten Besitzer eines Cayennes meiner Erfahrung nach eher dazu, ihren Porsche zu fahren, und zerlegen ihn höchstens wegen überhöhter Geschwindigkeit versehentlich. Ihn freiwillig zu schreddern, ist erstens ungewöhnlich und zweitens finanziell auch nur für Künstler eine Option, die mindestens auf dem Niveau von Maurizio Cattelan oder Gustav Klimt verdienen.
Ob sich der materielle Einsatz im vorliegenden Fall angesichts des Resultats gelohnt hat, überlasse ich Ihrem persönlichen Kunstverstand. Ich selbst finde aber: In der „Porschepfütze“ steckt zwar auf jeden Fall sehr viel mehr Arbeit als im „Comedian“ – irgendwie ist sie aber auch ziemlich Banane ...
Bis die Tage!