Leider dauert das ähnlich lange wie die Wartezeit an der Service-Hotline der Stadt, weshalb es natürlich verlockend erscheint, hier einfach mal bei Rot rüberzugehen. Zum Beispiel nach dem Auto da, hinter dem weit und breit keins mehr kommt. Aber das mache ich natürlich nicht, weil man ja kein schlechtes Vorbild sein will und anderenfalls nach dem Ableben garantiert in der Straßenverkehrsordnungshölle von Teufeln in Polizeiuniformen über fußgängerampelrotem Feuer täglich noch einmal langsam zu Tode geröstet wird.
Verlockend ist es natürlich trotzdem. Aber kann man wirklich nicht machen. Obwohl ich es natürlich sehr, sehr eilig habe und immer noch exakt null Fahrzeuge auf insgesamt sechs Fahrspuren konsequent grün haben. „Lass es. Geht gar nicht!“, murmele ich vor mich hin, als das Blag plötzlich lossprintet und schon fast in der Stadt ist, bis ich Grün kriege ...
Dazu fällt mir nur noch einer der gerade wieder vom Langenscheidt-Verlag ausgewählten Anwärter auf das Jugendwort des Jahres 2025 ein: „das crazy“. Sprich: Da bin ich ziemlich sprachlos. Ist der gute alte Verkehrskasper etwa unbemerkt in den Vorruhestand gegangen, sodass den Kindern jetzt keiner mehr die Verkehrsregeln beibringt? Oder haben Achtjährige jetzt noch dringendere Termine als ich, die so etwas rechtfertigen?
Ich hätte da noch eine andere Theorie: Im Moment ist ja das Konzept der bedürfnisorientierten Erziehung angesagt, die dafür sorgen soll, dass Kinder selbstbewusste Persönlichkeiten werden. Das hat bei dem Köttel an der Ampel offensichtlich besonders gut geklappt, kann aber ältere Menschen dann – wie an diesem Beispiel ersichtlich – schon mal verstören. Erziehung ist bei diesem Konzept übrigens nur noch bedingt das Wort der Wahl, weil dabei auf Kritik oder Strafen weitgehend verzichtet wird und die Blagen machen, was sie wollen, und zur Belohnung dafür alles bekommen, was sie möchten.
Als praktizierender Opa weiß ich, wovon ich rede, sehe das aber entspannt. Zumal wir etwas Ähnliches ja auch schon mal in den Sechzigern unter dem Namen antiautoritäre Erziehung hatten, ohne dass der von älteren Generationen daraufhin befürchtete Untergang des Abendlandes eingetreten wäre.
Am besten nimmt man die Ergebnisse einfach mit Humor. Neulich befahl unser dreieinhalbjähriger Enkel beispielsweise meiner Frau beim Spielen mit der Ritterburg: „Oma, gib mir das Pferd da!“ – Oma: „Wie heißt das Zauberwort, wenn man was will?“ – Enkel: „Abrakadabra!“
Das auch crazy, aber ganz schön lustig ...
Bis die Tage!