Von dieser Partie und den Liebesbekundungen der nicht ganz unkritischen Fans auf den Stehrängen („Blinde Nüsse!“, „Gurkentruppe!“, „Absteiger!“, „Alle nach Essen verkaufen!“) musste ich mich länger erholen, fühlte mich nach acht Jahren aber schon wieder stabil genug, dem Verein eine neue Chance zu geben.
Also begab ich mich vorige Woche zum Regionalliga-Eröffnungsspiel gegen Fortuna Köln. Auf dem Weg zur Nordtribüne kam ich an der Toilettenanlage vorbei, die jüngst als Ersatz für die zuvor hauptsächlich als Klo genutzte Mauer zum Zoo errichtet wurde. Innendrin fiel mir nicht nur auf, dass der Neubau dank der für ihre Reinlichkeit bekannten Hardcore-Fans schon wieder ziemlich alt aussieht, sondern dass hier – wie auf Toiletten nicht unüblich – auch ein Spiegel installiert wurde, der allerdings aus einer Art schlecht reflektierendem Wellblech besteht.
Ich habe mir später erklären lassen, dass es sich dabei nicht um eine Panne, sondern um ein Sicherheitsfeature handelt: Dieses Konstrukt lässt sich nämlich nicht zerdeppern, dafür kann man in diesem Spiegel aber auch bestenfalls schemenhaft erkennen, ob ein Mensch oder ein Elefant aus dem benachbarten Zoo davor steht.
Er funktioniert damit aber noch immer deutlich besser als die Lautsprecheranlage. Auf der Haupttribüne konnten die Besucher angeblich durchaus zusammenhängende Sätze des sehr guten Stadionsprechers verstehen. Auf der Nordtribüne hörte es sich aber so an, als hätte man Herbert Grönemeyer mit einem Blecheimer auf dem Kopf die Ansagen in ein defektes Mikro nuscheln lassen und das Ergebnis dann über einen Restposten Volksempfänger aus dem 2. Weltkrieg ausgespielt.
Verbunden allerdings noch mit einem unerträglichen Echo. Der beliebte Kanon „Bruder Jakob“ hätte sich daher als Einlaufsong eher angeboten als „Highway to Hell“, dessen Wuppertaler Klang in anderen Fußballstadien als Pyrotechnik durchgegangen wäre.
Unter diesen Umständen konnte natürlich auch kein Mensch die Spielernamen verstehen, was nicht so schlimm war, weil ich sowieso nur einen einzigen kannte. Der hat seine Karriere vor 15 Jahren beendet und wurde als Gast auf der Tribüne begrüßt. Die aktuellen WSVer auf dem Feld, von denen die Mehrzahl vor 15 Jahren noch im Kindergarten war, kickten dafür aber richtig gut.
Daher sah sich der Schiedsrichter frühzeitig veranlasst, zum Schutz des haushohen Favoriten aus Köln einen WSVer vom Platz zu stellen, den Gästen einen Elfmeter zu schenken und den regulärsten Treffer des Jahres für die dezimierten Hausherren wegen Abseits zurückzupfeifen. Vielleicht schickt der Verband nächstes Mal einen Schiri, bei dem nicht der Verdacht aufkommt, dass er nach diesem Spiel von Fortunas Sponsor Gaffel mit einem lebenslang reichenden Kölsch-Vorrat beliefert wird.
Apropos Bier-Vorrat: Der war auf der Haupttribüne deutlich eher am Ende als die ordentlichen Bemühungen des WSV um den Ausgleich. Dass es am Ende sogar 0:2 stand, war daher komplett unverdient, tat aber zum Glück nicht ganz so weh, weil das Ergebnis nirgendwo im Stadion sichtbar wird. Die Anzeigetafel ist nämlich schon lange kaputt, was mit Blick auf die Niederlagenserie in der vergangenen Saison vielleicht auch besser war.
Jetzt habe ich aber das Gefühl, dass da bald mal wieder angenehmere Resultate drauf aufpoppen könnten. Deshalb sollte man das Teil vielleicht mal reparieren. Oder, wenn das zu schwierig ist, einfach zwei Sätze Tafeln mit Zahlen von Eins bis Zehn bemalen und die wie früher irgendwo analog aufhängen. Bei ungünstigem Verlauf kann man sie ja schnell wieder abnehmen ...
Bis die Tage!