Kommentar zur Generalsanierung der Bahnstrecke Wuppertal-Köln Das ist doch reiner Bahnsinn!

Wuppertal · Ein Freund von mir kauft sich bis zur Sperrung einen alten Gebrauchtwagen. Weil die Universität in Düsseldorf liegt, würde er ohne Auto die Vorlesungen vermutlich gar nicht mehr besuchen, und weil die Arbeit in Köln Anwesenheit verlangt, müsste er im Ersatzbus insgesamt vier Stunden pro Tag sitzen – oder stehen, falls dieser mal wieder voll ist.

Leere Gleise in Oberbarmen (Archivbild).

Foto: Christoph Petersen

Wer ankommen will, steigt – im Jahr 2025 - auf das Auto um. Zur Generalsanierung auf der Bahnstrecke werden genau das einige tun. Und wer jetzt moppert: Ich weiß, dass auf der Straße Stau-Chaos herrscht, doch dieses Gemeckere von Auto- an Bahnfahrer kommt nur von Leuten, die größtenteils hinterm Lenkrad sitzen und gelegentlich von ihren schönen Sonntagsfahrten mit der Eisenbahn ins Grüne erzählen.

Die Realität sieht anders aus: Bahnpendler aus Wuppertal werden seit Jahren gequält. Vor allem zu Rush-Hour-Zeiten auf der Strecke nach und von Köln gestalten sich die Fahrten zu einem regelmäßigen Wahn- bzw. Bahnsinn! Die Sanierung ist überfällig, wird den Pendler-Albtraum aber nicht beenden. Danach werden Störungen nachlassen, doch viele Probleme der Strecke sind weiterhin nicht gelöst. Die versprochene Besserung ist eine Mogelpackung.

Tomas Cabanis.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Christoph Petersen

Vor allem aus zwei Gründen. Erstens: Das alte Relaisstellwerk aus dem Jahr 1987 in Oberbarmen, das an die Bordelektronik eines Star-Trek-Raumschiffes erinnert, sorgt seit Jahren zuverlässig für Störungen und müsste schnellstens in ein elektronisches, digitales umgebaut werden. Das ist wie durch ein Wunder bereits 2017 bei der Steuerzentrale in Vohwinkel geschehen. Doch in Oberbarmen sei der Neubau nicht möglich, weil ein mehrjähriges Planfeststellungsverfahren beim Eisenbahn-Bundesamt fehle, teilt die Bahn mit. Komisch, dass das bei den Generalsanierungen zwischen Hamburg und Berlin sowie Frankfurt und Mannheim geklappt hat. Das Trostpflaster von Seiten der DB: Die Planungen würden weiter vorangetrieben. Na dann ...

Zweitens kommt es auf der Strecke häufig zu Störungen, weil die teils nur zweigleisige Trasse von einem anderen Zug bereits belegt wird. Überholmöglichkeiten würden laut Bahn-Insidern den Stau lösen und tatsächlich gibt es bereits einige, etwa am Bahnhof Haan-Gruiten. Doch dort werde das zusätzliche Gleis aktuell nur von Güterzügen benutzt. Die Weichen und Bahnschienen für „neue betriebliche Möglichkeiten“ zu ändern, benötigt ein ..., Sie ahnen es schon, Planfeststellungsverfahren. Was für eine Farce!

Wer die Schiene in Wuppertal flott machen will, kommt auf die Idee, weitere Gleise zu bauen. Das hatte man sich im Bundesverkehrsministerium auch mal überlegt, ist dort aber inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass „kein Engpass in diesem Bereich“ herrsche. Ich schlage vor, dass alle Beteiligten, die das so sehen, einen Monat lang täglich von Wuppertal nach Köln pendeln, ohne Erste-Klasse-Ticket, dafür mit schwer bepackter Tasche und hoffentlich ab und zu auftretendem Harndrang. Anschließen könnten sich gerne die zwei deutschen Chefs des privaten, britischen Zugunternehmens National Express, das seinen Fahrplan schon länger nicht mehr erfüllt.

Die Linien RE4, RE7 und RB48 sind chronisch kaputtgespart, ihr straffer Zeitplan bleibt utopisch. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr sollte die Reißleine ziehen und die Verträge, die eigentlich erst 2030 bis 2033 enden, vorzeitig kündigen oder den Betreibern mehr Geld geben, dass diese investieren könnten. Bei Preisfragen geht es auch darum, ob Bahnunternehmen mit den Mitteln ihre Leistungen überhaupt erbringen können.

Apropos Geld: Bei einer Einzelfahrt im Ersatzbus für einen Erwachsenen 14,35 Euro zu verlangen, ist eine Frechheit. Zumal die Planer bei go.Rheinland natürlich nicht auf die glorreiche Idee gekommen sind, den RE7-Schnellbus, in dem viele Wuppertaler nach Köln pendeln, direkt nach Leverkusen-Mitte fahren zu lassen, sondern einen Zwischenhalt am Solinger Hauptbahnhof mit einem Umweg von weiteren 20 Minuten einzubauen.

Bei dem ganzen Theater fällt mir nur noch ein, wie schön es ist, dass wir in Wuppertal unsere Schwebebahn haben.