Die sagte am Rande ihres ersten Tags im Rathaus, dass sie eigentlich schon für Oktober Oberbürgermeister-Gehalt beziehen müsste, weil sie so viele Termine gemacht hat, um gut vorbereitet in den neuen Job an der Stadtspitze zu gehen.
Ein Beleg dafür, dass sie viel Ehrgeiz an den Tag legt, um ihrem im Wahlkampf formulierten Anspruch gerecht zu werden, Wuppertal als „frische Kraft“ nach vorne zu bringen. Dass sie sich im Vorfeld reichlich Gedanken darüber gemacht hat, wie diese Kraft in der Praxis zur Entfaltung gebracht werden kann, zeigen ihre Pläne für die Neustrukturierung des OB-Büros.
Neue OB Miriam Scherff
Das soll künftig ähnliche viele Stabsstellen haben wie unter Uwe Schneidewind, aber deutlich anders ausgerichtet werden: nämlich als eine Art Maschinenraum für schlanke Verwaltungsprozesse und ganz viel Kommunikation in Richtung Mitarbeiter, Politik und Bürger. Offensichtlich hat da jemand erkannt, woran es beim Vorgänger gehapert hat.
Dazu passen einige sehr gute Ideen wie die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle im OB-Büro für alle, die in Wuppertal etwas veranstalten wollen. Eine Art Ombudsmann, der im Dschungel der Auflagen und Vorschriften die Wege ebnet, stelle sie sich vor, ließ Scherff wissen, denn: „Veranstaltungen sind ein Herzstück dieser Stadt.“
Sehr sinnvoll ist auch eine bei ihr angesiedelte Stelle für die Koordination von Großprojekten wie etwa Fernwärmeausbau und Umgestaltung der Elberfelder City. Gerade in diesem konkreten Fall musste man ja bisher oft das Gefühl haben, dass sich das Vorhaben komplett verselbständigt und aus dem Rathaus heraus nicht mehr beherrschbar ist.
Heikel bleibt aber weiterhin die Idee, über eine (noch nicht besetzte) Fachreferentenstelle die Koordination des städtischen Wirtschaftsressorts, der Wirtschaftsförderung und des Stadtmarketings zur Chefsache zu machen. Das hatte Scherff schon im Wahlkampf angekündigt und damit für Diskussionen gesorgt, weil alle drei Bereiche bisher eigenständig und zuletzt an vielen Stellen durchaus erfolgreich geführt werden.
Warum also dieser Schritt? Scherffs Beispiel-Argument, Wuppertal vernachlässige bisher den Tourismus, war dabei eher unglücklich gewählt - in einer Woche, wo das maßgeblich vom Stadtmarketing erfundene und getragene Schwebodrom für einen internationalen Tourismus-Award in London nominiert war und beim ADAC-Tourismuspreis NRW Platz auf Platz 2 landete ...
Richtig diagnostiziert hat die sehr Social-Media-affine neue Oberbürgermeisterin dagegen, dass sich das Rathaus bisher auf Instagram und Co. komplett unter Wert oder genau genommen gar nicht präsentiert. Das will sie im Rahmen ihrer Kommunikations-Offensive völlig zu Recht ändern. Und nebenbei weiterhin ihre eigenen Accounts mit persönlichem Content bestücken. Da hat sie sich viel vorgenommen, sie will eben alles.
Übrigens: Um nicht nur organisatorisch, sondern auch politisch etwas bewegen zu können, muss sich Miriam Scherff Stimmenmehrheiten im Rat beschaffen. Zur Frage, ob die dafür notwendige Zusammenarbeit zwischen SPD und CDU zustande kommt, wollte sich diese Woche nicht äußern. Als Parteichefin der Wuppertaler Sozialdemokraten kann sie allerdings in dieser Frage erheblich mehr Einfluss nehmen als der lokalpolitisch kaum verankerte Uwe Schneidewind, der diese Chance nie hatte. Dessen frischer Wind war daher ziemlich schnell verflogen, der seiner Nachfolgerin könnte länger wehen.
Matthias Nocke war Scherffs Gegenkandidat bei der OB-Wahl. Montag hat er sie als Stadtdirektor am neuen Arbeitsplatz begrüßt - mit den Worten: „Herzlich willkommen in Deinem Rathaus. Alle freuen sich und sind gespannt wie ein Flitzebogen.“ Ich habe den Eindruck, das gilt irgendwie auch für ganz Wuppertal ...