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Nach Toreschluss - die Wochenendsatire​: Beim Bock getan​

Nach Toreschluss - die Wochenendsatire : Beim Bock getan

Als ich gestern an der Tankstelle war, habe ich kurzzeitig angenommen, dass auf den großen Schildern nicht der Benzinpreis, sondern der aktuelle Luftdruck steht. Tatsächlich haben die Ölkonzerne aber nur das Auslaufen der Benzinpreisbremse an die Kunden weitergegeben.

Merkwürdigerweise klappte das ganz hervorragend über Nacht, während es beim Start des Tankrabatts im Juni genau umgekehrt war. Da kamen die Preissenkungen erst Wochen später an den Zapfsäulen an.

Dafür kann es nur zwei mögliche Erklärungen geben: Entweder sind die günstigen Preise damals mit der Deutschen Bahn zur Zapfsäule gefahren und waren deshalb unpünktlich. Oder die Ölkonzerne haben uns ganz einfach nach Strich und Faden betuppt.

An dieser Stelle muss ich der Ordnung halber fragen, ob sie unser schönes Wort betuppen überhaupt noch kennen? Jüngere Menschen halten es möglicherweise für die Beschreibung des Versuchs, Lebensmittel in ein überteuertes Plastikgefäß zu verbringen, in dem man sie so lange lagern kann, bis man sie endgültig vergessen hat. Tatsächlich aber heißt betuppen nichts anderes als beschummeln, betrügen oder übertölpeln.

Weil wir Wuppertaler offensichtlich ziemlich oft betuppt werden (Stichwort: Die neuen Schwebebahnwagen sind viel besser als die alten und der Kaiserwagen fährt auch bald wieder), haben wir sogar einen richtigen kleinen Begriffskosmos rund um Schummelei und Betrug. Deshalb könnten wir zum Beispiel auch sagen, dass uns die Ölkonzerne vernatzt haben.

  • Roderich Trapp.
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  • Das Ausstellungsgelände an der Nordbahntrasse.
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  • Symbolbild.
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Vernatzen ist die etwas leichtfüßigere Art des Betuppens, weshalb wir das Wort auch im Sport verwenden, wenn jemand geschickt ausgespielt wird. Insofern passt es auch ganz gut zur Benzinpreisbremse, bei der die Ölmultis die Bundesregierung ungefähr so vorgeführt haben wie Deutschland damals Brasilien beim 7:1.

Nun muss man natürlich berücksichtigen, dass beispielsweise BP im zweiten Quartal 2022 nur 9,3 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat. Da war die Versuchung offensichtlich sehr groß, diese existenzgefährdende Krise zu meistern, indem man sich den Tankrabatt in die eigene Tasche steckt. Nicht umsonst haben die Besitzer ihren Konzern damals BP genannt. Die Abkürzung steht für „bringt Penunzen“.

Letztlich werden wir also auch hier mal wieder vor et Läppken gehalten, womit wir bei einer weiteren Form des Betuppens wären. Vor et Läppken halten tendiert zwar eher in Richtung jemanden auf den Arm nehmen. Es passt aber trotzdem ganz gut, weil wir am Ende dieser ganzen Betuppungen ziemlich sicher alle ziemlich arm sein werden. Und zwar spätestens, wenn die Benzinpreisbremse endgültig erfolgreich durch die Gaspreisbeschleunigung ersetzt worden ist.

Unter dem Strich muss man deshalb den Eindruck haben, dass wir permanent beim Bock getan werden. Jemanden beim Bock tun ist die wuppertalerischste aller Betuppungsformen. Und zugleich die rätselhafteste. Wo wohnt dieser Bock eigentlich und was stimmt nicht mit ihm? Hat er auch ein Bockshorn, in das Leute gejagt werden können? Und wenn so viele Leute beim Bock getan werden, kommt man dann mit einem Bock überhaupt aus?

Die Suche nach den richtigen Antworten wird uns noch lange beschäftigen. Genau wie bei einem Fall, von dem mir jetzt eine Mitarbeiterin des Wuppertaler Touristik-Büros am Döppersberg erzählte. Dort wurde neulich ein älteres Ehepaar vorstellig, das offenbar im Zuge des 9-Euro-Tickets eher zufällig in die Stadt gekommen war. Seine Frage: „Können Sie uns den Weg zum Kurhaus zeigen?“. Antwort der Expertin: „Wir haben hier kein Kurhaus.“ Ehepaar daraufhin: „Dann zeigen Sie uns einfach den Weg zum Kurpark, dann werden wir das Haus schon finden ...“ Man kann sich im Zweifel also auch schon mal selbst beim Bock tun ...

Bis die Tage!