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Rundschau Nach Toreschluss: Roderich Trapp über Skype-Konferenzen

Nach Toreschluss - die Wochenendsatire : Krchzwpumm - over!

Vorige Woche bekam ich die sehr nette Zuschrift einer Leserin, die sich für meine letzte Glosse bedankte und freundlich anfragte, ob es möglich wäre, dass die nächste kein einziges Mal das Wort „Corona“ enthält. Wie Sie sehen, ist dieser Versuch leider schon im ersten Satz gescheitert. Aber ab dem zweiten gebe ich mir Mühe, obwohl ich über ein Thema reden will, das auch damit zu tun hat. Wir sind nämlich alle im Homeoffice, das wahrscheinlich so heißt, weil „Heimbüro“ zu sehr nach Verwaltung einer Pflegeeinrichtung klingt.

Dieses Exil bringt es mit sich, dass auch unsere Redaktionskonferenzen per Videotelefonie stattfinden müssen. Dazu könnten wir natürlich die in einem modernen Verlag wie unserem durchaus vorhandenen, eigens zu diesem Zweck konstruierten Profi-Programme benutzen. Aber dann sind wir doch auf Skype ausgewichen, weil einer darüber gerade sowieso mit seiner Oma telefoniert hatte und eine andere gerade nur das Handy zur Hand hat.

Falls Sie das selbst noch nie gemacht haben: Skypen ist eine an sich praktische Kommunikationsform, bei der man mit einem oder mehreren Menschen sprechen und sie dabei auf dem Smartphone oder Computer gleichzeitig auch noch sehen oder hören kann. Leider ist mindestens eine dieser drei Grundvoraussetzungen einer gedeihlichen Besprechung regelmäßig irgendwie außer Betrieb.

Das dürfte daran liegen, dass Skypen eine manierliche Internetverbindung voraussetzt, die in diesen Tagen nicht immer leicht herzustellen ist. Weil nämlich von Bombay über Barmen bis Boston fast die gesamte Weltbevölkerung zu Hause sitzt und entweder alle Folgen von Game of Thrones gleichzeitig streamt oder eben skypt. Letzteres ist übrigens ein Verb ohne Vokal, was einen von vornherein skeptisch machen sollte.

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Skypen beginnt damit, dass man sich auf dem Bildschirm selbst sieht. Bei mir dauert es immer einen Moment, bis ich realisiere, dass das einem aufgeblasenen Frosch nicht unähnliche Gesicht im 16:9-Display leider meins ist. Dann schalten sich die anderen eingeladenen Besprechungsteilnehmer dazu, denen Skype passend zum Benutzernamen ein Kürzel verpasst. Ein Kollege ist beleidigt, weil das Programm ihn „SS“ abkürzt. Er will Skype wegen rechtsradikaler Tendenzen jetzt beim Verfassungsschutz melden. Eine andere Kollegin benennt sich jedes Mal nach einem anderen Rockstar, weshalb sie nur daran zu erkennen ist, dass ihr Mikrofon nicht richtig funktioniert und sich die Qualität der Videoübertragung auf Bofrost-Niveau bewegt. Das Bild friert ständig ein ...

Heute heißt sie SL, weil sie sich nach Slash benannt hat. Zum Glück sieht sie aber auf den wenigen Pixeln, die es von ihrem Standort Langerfeld aus ins World Wide Web schaffen, noch deutlich frischer aus als der zerknautschte Gitarrist von Guns‘n‘Roses. In HD meldet sich dagegen Kollegin HF, während JK in Ronsdorf immerhin per Ton zu hören ist. Selbiger erinnert an die legendäre Übertragung der ersten Mondlandung, die von den langen Dialogen zwischen Kapsel und dem Kontrollzentrum in Houston geprägt war. Die älteren Leser werden sich erinnern: „Krchzwpuuuuun-over-piiiep“ - rausch -  „rädiforschfffgrrrwummmpiieeep“ - rausch - „ollsystäm schlopfokäikrrrrr over piiieep“ und so weiter.

Bei uns läuft es besser und es kommt beinahe zu einer Art beruflichen Gedankenaustauschs, bis HF plötzlich dreieckige Ohren und ein Fell hat, weil sich ihr kleiner Hund vor die Kamera drängelt. Der Wauzi wird überschwänglich begrüßt - nur nicht von SSs Katzen, die jetzt eifersüchtig über seine Tastatur rennen. Danach ist SS weg und SL auch, weil in Langerfeld die Datenpakete offensichtlich einzeln vom Markt runter ins Tal getragen werden. JK meldet sich mit dem Hinweis „Wir müssen morrrrrgen unbedingt krrrrwutzwuschbommkrrr programmierren“. Die Antworten gehen in einer Rückkopplung unter, gegen die ein Tinnitus wie Beethovens „Ode an die Freude“ wirkt.

SL friert mit schützend über die Ohren gelegten Händen auf dem Bildschirm ein, während HF etwas sagt, dass ein Themenvorschlag sein könnte. Genau weiß man es nicht, weil JK und SS ebenfalls gleichzeitig etwas gesagt haben, weil sie ja nicht wissen konnten, dass HF etwas sagen würde. In Langerfeld hat sich inzwischen SLs Katze ins Bild geschoben, was SS zu einer Fachsimpelei unter Tierliebhabern über Themen wie Futtermittelbeschaffung und Kratzbaumpflege animiert. Ich habe nur einen Mähroboter als Haustier und fühle mich deshalb als Außenseiter, bekomme die Situation aber nicht mehr in den Griff. JK bemerkt, dass er langsam mal einkaufen gehen muss, was in Ronsdorf offenbar schwierig ist, weil die Geschäfte voller Rentner sind, und SL lässt wissen, dass sie noch etwas über GGGGnnnschwwwzzzuuuooo PRRRbibib schreibt, während HF sich mit „Ich klongwrrrtoktok dann den Krrrrrmamamamann-Text, tschöööö - plopp“ verabschiedet und sich SS mit „Alles klar!“ ausloggt. Zurück bleiben auf dem Display mein einsames Froschgesicht und der tieftraurige Text: „Du bist der einzige Teilnehmer der Unterhaltung“ ...

Erstaunlich, dass heute trotzdem eine Zeitung erschienen ist. Und dass mit einer ganzen Glosse ohne das Wort Corona ja auch noch geklappt hat. Sie sehen: Alles wird gut! Bis die Tage!