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Nach Toreschluss - die Wochenendsatire: Rudi Cerne, übernehmen Sie!

Nach Toreschluss - die Wochenendsatire : Rudi Cerne, übernehmen Sie!

In Wuppertal und Umgebung haben soeben 38 junge Menschen ihre Ausbildung beim Finanzamt begonnen haben. Das ist eine gute Nachricht, weil einige ihrer älteren Kollegen unter der Last des unerbittlichen Steuereintriebs inzwischen zusammenzubrechen scheinen.

Das muss ich jedenfalls mit Blick auf ein Schreiben annehmen, das mir ein Wuppertaler dieser Tage präsentierte. Er hatte seine Steuererklärung für 2018 längst gemacht, einen Steuerbescheid bekommen und die Abgaben für den kleinen Gewinn aus zwei selbständigen Nebentätigkeiten längst bezahlt. Nun aber informierte ihn das Finanzamt über folgenden Tatbestand:

„Nach § 60 Abs. 4 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) muss die EÜR nach amtlichem Vordruck elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Da Sie in beiden Tätigkeitsbereichen ein Verlust (Anmerkung: An dieser Stelle empfehle ich dem Finanzamt, noch ein „en“ zu kaufen) erwirtschaftet haben und die positiven Einkünfte folglich unter 410 Euro sind, müssen Sie keine EÜR elektronisch übermitteln. Trotz alledem sind Sie verpflichtet, eine nach amtlich Vordruck (Anmerkung: Besser auch noch ein „em“ kaufen!) ausgefüllte Anlage EÜR einzureichen. Haben im Veranlagungszeitraum 2018 die positiven Einkünfte der jeweiligen ausgeübten Tätigkeit die Grenze von 410 Euro überschritten, sind Sie dazu verpflichtet, eine EÜR elektronisch zu übermitteln.“

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Das sind nützliche Hinweise, bei denen im Prinzip keine Fragen mehr offen bleiben. Außer der, was das Amt damit eigentlich sagen will. Und der, woher die Erkenntnis kommt, der Steuerpflichtige habe Verlust gemacht. Und vor allem der, was man im Amtsleben erlitten haben muss, um solche Sätze zu komponieren.

Im Übrigen darf man ja sowieso nicht alles glauben, was in behördlichen Briefen steht. Beispiel: Ich habe gerade einen neuen Personalausweis beantragt. Entgegen der immer noch herrschenden Meinung, dass man dafür in Wuppertal seinen halben Jahresurlaub aufwenden muss und nur Termine an Daten bekommt, die der Erdball wegen des Klimawandels gar nicht mehr erleben wird, klappte alles völlig problemlos. Ich war zu meinem online vereinbarten Zeitpunkt so pünktlich dran, dass die Deutsche Bahn vor Neid erblassen würde, und wurde freundlich bedient.

Nur zwei Wochen später erhielt ich einen Brief mit dem Hinweis: „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihr neuer Personalausweis hergestellt und heute an uns versandt wurde.“ Daran hing dann die PIN, mit der man die Online-Ausweisfunktion des dollen Persos aktivieren kann. Der Absender des Briefes lautete „Stadt Wuppertal. 003.1. Steinweg 20, 42275 Wuppertal“.

Das ist unter normalen Umständen ein relativ starkes Signal dafür, dass es sich um ein Schreiben der Stadt Wuppertal handelt. Dem ist aber gar nicht so. Der Brief kommt nämlich in Wirklichkeit von der Bundesdruckerei aus Berlin und bedeutet genau genommen, dass der Ausweis noch längst nicht da ist und man nur schon mal die PIN kriegt. Das weiß man aber eigentlich nur, wenn man das Merkblatt genau liest, das einem beim Antragstellen an die Hand gegeben wird. Dort steht ziemlich diskret drin: „Der Erhalt des PIN-Briefes der Bundesdruckerei bedeutet nicht, dass der Personalausweis abholbereit ist.“ Ein durchaus nützlicher Hinweis, der noch besser funktionieren würde, wenn auf dem PIN-Brief der echte Absender stünde. Darauf hat die Stadt Wuppertal nach eigenem Bekunden jedoch leider keinerlei Einfluss, weshalb manch Wuppertaler beim Abholtermin statt eines neuen Ausweises nur einen dicken Hals bekommt ...

Im Fernsehen gibt es für so etwas die schöne Sendung „Vorsicht, Falle!“. Vielleicht sollte sich Moderator Rudi Cerne darin beim nächsten Mal nicht mit Scheckbetrügern, sondern mit der Bundesdruckerei beschäftigen. Eigentlich müsste in dem Brief aus Berlin ja nur stehen: Hier kommt schon mal ihre PIN, wann ihr Ausweis fertig ist, erfahren Sie beim Einwohnermeldeamt. Aber das ist wahrscheinlich so simpel, dass da im Land der bürokratischen Formulierungskünstler einfach niemand drauf kommt ...

Bis die Tage!