Kommentar zum Aus für „Stößels Komödie“ Geht Wuppertal zum Lachen in den Keller?

Wuppertal · Lachen ist gesund – wer würde das bestreiten? In Wuppertal allerdings lohnt sich das Lachen nicht. Jedenfalls nicht, wenn es um freie Theater geht, die sich dem Komödien-Fach verschrieben haben.

 Noch vor Weihnachten endet die Komödien-Ära in Wuppertal um Theaterchef Kristof Stößel (re.).

Noch vor Weihnachten endet die Komödien-Ära in Wuppertal um Theaterchef Kristof Stößel (re.).

Foto: Matthias Morawetz

Neuester Beweis für diese These: Kristof Stößels Boulevardtheater „Stößels Komödie“ macht am 2. Oktober seine Wuppertaler Schotten dicht. Nach vielen Jahren an unterschiedlichen Standorten in der Stadt – beispielsweise am Karlsplatz, im Brauhaus, in der Immanuelskirche und zuletzt in den Breuer-Sälen an der Aue.

In einer Presseerklärung vom 12. August schreibt Kristof Stößel: „Die immens steigendenden Energiekosten in Verbindung mit steigenden Kosten für Mitarbeiter und Nebenkosten sowie die geringen Zuschauerzahlen lassen für unser Privattheater in Wuppertal keine andere Wahl. Ein eigenes Haus mit laufenden Kosten und den vielen Unsicherheiten für die kommenden Monate kann ein Privattheater nicht erhalten.“

Schon die „Comödie am Karlsplatz“, die 2003 von Ex-„Schwarzwaldklinik“-Darsteller Jochen Schroeder gestartet und fünf Jahre später gleich wieder geschlossen wurde, war kein Erfolgsmodell. Erst recht nicht unter der Regie der Nachfolgerin Cordula Polster aus Stuttgart, die 2016 – nach jahrelangem Leerstand – am Karlsplatz übernahm. Dieses Konstrukt, das dann von Kristof Stößels „KS Theater“ abgelöst wurde, hielt nur zwei Jahre. Und jetzt ist wieder Schluss mit lustig.

Woran hat’s gelegen? So lautet ja eine beliebte Sportreporterfrage am Spielfeldrand. Ja, woran hat’s gelegen? Zum Beispiel natürlich an den Corona-Lockdowns: Die Schäden, die mit diesem Zwangs-Instrument fahrlässigerweise der Kulturszene zugefügt worden sind, konnten auf der Ebene der freien Szene nur die überstehen, die – wie etwa das TiC – erfahrene Fördermittel-Kenner an Bord und gut aufgestellte Fördervereine haben.

Dann die aktuelle Gesamtstimmung: Ein Gesundheitsminister Lauterbach orakelt vom finsteren Corona-Herbst, die Folgen des Ukraine-Krieges (die jahrzehntelang sehenden Auges in Kauf genommene Gas-Abhängigkeit von Russland zahlen jetzt wir alle) treiben Energie- und Lebenshaltungshaltungskosten hoch, Ängste aller Art und (wirtschaftliche) Planungsunsicherheit herrschen auf breiter Fläche: Das sind keine idealen Zeiten fürs Schenkelklopfen.

Und wenn doch, dann müssen Programm und Schauspiel-Ensemble top sein. Das, finde ich, gilt allerdings immer. Denn die Frage in der Überschrift würde ich mit einem überzeugten „Nein“ beantworten: Wuppertaler gehen zum Lachen keineswegs in den Keller. Aber das hiesige Publikum erlebe ich als durchaus anspruchsvoll. Und Menschen komödiantisch wirklich gut – nicht dümmlich oder gar dämlich – zu unterhalten, ist eine große Kunst. Wer beispielsweise im Jahr 2005 (und später wieder) die Wuppertaler Schauspiel-Inszenierung von Carlo Goldonis „Der Diener zweier Herren“ unter der Regie von Christian von Treskow erlebt hat, weiß, was ich meine.

In seiner Abschiedserklärung schreibt Kristof Stößel, der mit seinem „KaBARett FLiN“ in Düsseldorf weitermacht, davon, er hoffe, auch in Zukunft wieder kleine Produktionen an unterschiedlichen Orten in Wuppertal zeigen zu können. Das ist ihm und seinem Publikum zu gönnen.

Ansonsten sage ich: Wuppertal ist kein Spielfeld für Boulevardtheater. Wenn, dann geht das hier nur im ganz kleinen Rahmen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort