Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Bis wir all‘ Rot-Blaue sind!

Wuppertal · Liebe Leserinnen und Leser, ich habe zwar gerade frei, bin aber trotzdem nicht ganz weg, weil ich Ihnen zur Überbrückung ja mein neues Buch „LANGE NACH TORESCHLUSS“ mit den besten Glossen von 2006 bis heute dagelassen habe. Hier ein kleines Appetithäppchen daraus, an das ich vorige Woche denken musste.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Max Höllwarth

Im Vorwort meines Buches können Sie nämlich lesen, dass ich als Rundschau-Kolumnist 37 WSV-Trainer überlebt habe. Stimmt nicht mehr. Inzwischen sind es 38 und selige Fußballtage wie das legendäre Pokal-Achtefinale zwischen dem WSV und Bayern, zu dem halb Wuppertal in die Arena auf Schalke pilgerte. Das war im Ende Januar 2008 mitten im Karneval – ich nehme Sie nochmal mit zurück ...

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Ich rede jetzt natürlich vom Karneval. Wenn wir mal ehrlich sind, liegt uns das sinnfrei Närrische in Wuppertal ja nicht so richtig. Vorgestern an Altweiber sah ich morgens in der Friedrich-Ebert-Straße einen einsamen Kostümierten, der offensichtlich auf dem Weg zum Bahnhof war, um Richtung Köln oder Düsseldorf zu fahren. Der wurde ungefähr so irritiert angeglotzt wie ein frisch gelandeter Alien mit drei bis sechs Köpfen… Nein, einfach so ohne Weiteres von Moppern auf kollektiven Gesang umschalten, das funktioniert einfach nicht. Da brauchen wir schon einen handfesten Anlass. Zum Beispiel Fußball gegen die Bayern. Da gehen wir richtig aus uns heraus. Eine Freundin von mir, sonst eher vornehm im Auftritt, war Mittwoch sogar ganz heiser. Bei ihrem ersten ernsthaften Stadionbesuch hatte sie sich abends auf Schalke von altgedienten WSV-Fans anstecken lassen und am Ende völlig entrückt gekreischt: „Jedes Jahr ein Kind, jedes Jahr ein Kind – bis wir all’ Rot-Blaue sind!“

Der Fußball verändert die Menschen eben. Fand auch der Kollege, der aus dem Mega-Stau geflüchtet und frühzeitig irgendwo im Revier in die S-Bahn gestiegen war. Am Gelsenkirchener Hauptbahnhof stieg dann die Besatzung eines WSV-Sonderzuges zu. Den einzig freien Sitzplatz neben ihm ergatterte ein rustikal gewandeter Kuttenträger, der sich allerdings als durchaus gediegener Gesprächspartner entpuppte.

Aus Ennepetal komme er, habe eine Dauerkarte fürs Zoo-Stadion und verbinde Auswärtsspiele gerne mit kulturellen Städtereisen. Museen gelte dabei sein besonderes Interesse. Aber auch die Oper gönne er sich gelegentlich gerne und … dann musste er die anregende Unterhaltung abbrechen, aufspringen und in den Gesang seiner Kameraden einstimmen.

Die brachten gerade eine Arie auf einen zufällig draußen vorbeigehenden Bayern dar. Text: „Arschloch, Wichser, Hurensohn, deine Mutter hat‘ ich schon…“ Und da durfte dann das obligatorische „Deine Eltern sind Geschwister“ als Zugabe nicht fehlen.

Meine Frau wiederum war Dienstag auch dabei, erinnert sich aber vor allem noch gerne an das Freundschaftsspiel gegen Bayern vor ein paar Jahren bei uns im Stadion. Damals hatte der Schiri eine Glatze und bei einem Pfiff gegen den WSV offensichtlich falsch gelegen. Prompt sprang der Fan neben ihr auf und schrie: „Verdammt, mach doch mal die Haare aus dem Gesicht, dann siehst du auch wat!“

Wir haben also Humor. Außer es ist gerade Karneval.

Bis die Tage!

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