Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Beim Breuni-Bär

Wuppertal · Tut mir leid, aber ich habe frei. Trotzdem möchte ich Sie nicht so ganz ohne etwas zum Lachen ins Wochenende entlassen. Also habe ich ins Archiv gegriffen und diesen Beitrag gefunden, der sich vor mehr als sechs Jahren mit der Eröffnung eines Düsseldorfer Nobel-Kaufhauses beschäftigte. Wenn Sie den lesen, werden Sie sehen, dass Shoppung auch vor Corona nicht immer einfach war ...

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Max Höllwarth

Bitte sagen Sie es nicht weiter. Es ist mir nämlich ein bisschen peinlich. Aber ich habe es wieder getan: Ich war in Düsseldorf! Da hat nämlich eine schwäbische Modehauskette einen bomfortionellen neuen Laden aufgemacht. Nachdem ich Vorfeld mit der Kreditabteilung der Sparkasse verhandelt hatte, um zwei Stunden in Innenstadtnähe parken zu können, marschierte ich am Kö-Bogen ein. Dort hielt mir das mit Blick auf die Anzüge mutmaßlich beim amerikanischen Präsidenten abgeworbene Sicherheitspersonal des Luxus-Kaufhauses freundlich die Türe auf. Im Erdgeschoss bahnte ich mir den Weg durch die Verkaufsinseln der Kosmetikabteilung, deren Mitarbeiterinnen ausweislich ihrer weißen Chefärztinnenkittel auch ambulante Schönheitsoperationen direkt vor Ort durchführen können.

Ich fuhr daher lieber in die Herrenabteilung. Die Rolltreppe hievte mich mitten in eine Einkaufslandschaft, in deren Hochglanzbodenfliesen sich Markennamen spiegelten, die man eigentlich nur aus den Promi-Formaten im Privatfernsehen kennt.

Dasselbe galt für die durchweg etwa 18 Jahre alten, bartlosen Verkäufer, die offenbar von Karl Lagerfeld persönlich in der Casting-Show „Deutschland sucht den Superschnösel“ rekrutiert wurden. Wenn Sie sich eine Mischung aus der duracellbetriebenen TV-Lebensform Ross Antony und einem Yorkshire-Terrierer mit Hochwasserhosen und Einstecktüchlein vorstellen, können Sie sich vielleicht ein Bild vom Anforderungsprofil machen. Alle 30 Sekunden materialisierte einer von ihnen hinter mir, guckte etwas mitleidig auf das Etikett meiner Jeans und quiekte „Kommen Sie zurecht?“ Die Antwort fiel leicht: Nein!

Denn die Preisgestaltung der Schwaben orientierte sich unglücklicherweise am Durchschnittseinkommen des Emirs von Katar. Von einem Gürtel, der mir ganz gut gefiel, hätte ich mir durchaus ein bis zwei Löcher leisten können, wenn ich mein Auto verkaufe. Deshalb wollte ich als Armutsflüchtling schon den Rückzug antreten, als sich eine Pranke auf meine Schulter legte: der Breuni-Bär! Das pelzige Maskottchen der schwäbischen Ölscheichbedarfshandlung hielt mir ein Stück Schokolade hin. Aus Angst, dass es von Gucci ist und der Breuni-Bär dafür ein Schweinsvermögen will, riss ich mich los, rannte die Rolltreppe runter und sammelte meine Frau ein, die leichenblass aus der Schuhabteilung im Souterrain kam. Der hübsche Stiefel aus dem „Sale“, den sie kurz in die Hand genommen hatte, kostete nämlich immer noch 700 Euro. Er kann aus Bio-Leder sein, für das das Rind seine Haut freiwillig beim Hersteller abgegeben hat. Wir hasteten ins Auto, ließen die Stadtgrenze hinter uns, atmeten erst in Wuppertal wieder befreit auf. Bis wir zu Hause wieder von der Landeshauptstadt eingeholt wurden: Da lag nämlich die die Einladung einer Düsseldorfer Kunsthandlung im Briefkasten. Sie unterrichtete uns über ein klassisches Konzert der Meisterklasse, das sich mit zeitgenössischer Kunst verbinden sollte. Und zwar in der Weise, dass man mit dem Erwerb eines der 120 Exemplare von Guenther Ueckers Prägedruck „Hilary“ gleichzeitig eine Eintrittskarte für den Auftritt der mir persönlich nicht, aber vielleicht weltbekannten Geigerin Hilary Hahn und ihres Landsmanns Paavo Järvi in der Tonhalle bekommt.

Dieser Prägedruck in dezentem Weiß auf weißem Grund war einer Raufasertapete nicht unähnlich, weshalb mir der Preis von 880 Euro für das Kultur-Gebinde doch etwas zu sportlich erschien.

Zumal man ja vorher noch schnell zum Breuni-Bären müsste, um sich was zum Anziehen zu besorgen ...

Bis die Tage!

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