Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Ich setze auf Sieg!

Wuppertal · Die Spannung ist kaum auszuhalten: Bekommt Wuppertal in wenigen Tagen wirklich eine Auszeichnung für sein Stadtbild? Auf jeden Fall gehören wir schon mal zu den Top 4 im Wettbewerb des Stiftungspreises NRW, bei dem 2024 das „schönste Bahnhofsumfeld“ gesucht wird. Und dafür hat die Stadt ihren neu gestalteten Döppersberg ins Rennen geschickt.

Die Netze wurden bereits 2022 angebracht.

Die Netze wurden bereits 2022 angebracht.

Foto: Wuppertaler Rundschau/rtr

Bei intimen Kennern des Wuppertaler Hauptbahnhofs und seiner Umgebung könnte das die Frage aufwerfen, wie dann wohl die 73 anderen Bahnhofsumfelder so aussehen, die es nicht ins Finale geschafft haben. Denn am Döppersberg hat ja leider nicht alles ganz so hingehauen, wie es geplant war.

Deshalb fällt der Blick des Ankömmlings nach Verlassen der Bahnhofshalle zuerst auf eine Natursteinmauer, die mehr Risse hat als die Ampelkoalition in Berlin. Leider wurden Klötze verwendet, die bei Feuchtigkeit bröckeln wie der Streuselkuchen von meiner Omma. Ob die zuständigen Architekten in Wuppertal tatsächlich mit Feuchtigkeit rechnen mussten und deshalb andere Steine hätten verwenden sollen, müssen jetzt Sachverständige im Rahmen von Gerichtsprozessen klären.

Zur Debatte steht sogar ein möglicher Abriss der Mauern. Weil die Prozesse aber wahrscheinlich länger dauern als die ungefähr zehnjährige Bauzeit des Döppersbergs, ist der Ausgang eigentlich egal, weil die Mauern bis dahin von selbst zusammengekracht sind.

Vor den herabfallenden Trümmern schützt Wuppertal die Passanten immerhin mit Fangnetzen, die man in dieser Ausdehnung nur aus dem Ski-Weltcup oder dem Zirkus Krone kennt. Möglicherweise hat diese Umsicht im Wettbewerb Sympathiepunkte gebracht. Genau wie die Tatsache, dass man seit 2018 erfreulich ergebnisoffen nach einer Verwendungsidee für die pelzige graue Brachfläche hinter dem güldenen Primark-Prachtbau sucht und aktuell immer noch zwischen der Nutzung als Taxihalte- oder Drogenumschlagplatz schwankt.

Ähnlich wie Fußballer nach einem schmutzigen 1:0-Arbeitssieg ist Wuppertals Dezernent Frank Meyer trotz dieser Widrigkeiten über die Nominierung begeistert: „Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung durch Fachleute, die von außen und sicher mit kritischem Blick auf unseren Döppersberg und dessen Gestaltung geblickt haben.“ Die Möglichkeit, dass diese Fachleute von der Christoffel-Blindenmission geschickt wurden, ist allerdings nicht ganz auszuschließen.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Max Höllwarth

Unabhängig davon ist Meyer überzeugt: „Der Döppersberg bietet hohe Aufenthaltsqualität, ist für Besucher ein guter erster Eindruck der Stadt und wird ganz unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen gerecht.“ Außer es handelt sich um ein natürliches Bedürfnis in Form eines menschlichen Rührens. Für das wird aktuell im gepriesenen Bahnhofsumfeld leider nur in Form eines Toilettencontainers in der Ecke des Wupperparks Ost Vorsorge getroffen.

Auf dem Weg zu diesem architektonisch konsequent minimalistisch gestalteten Kack-Quader muss sich der Wuppertal-Besucher den Weg durch ein Publikum bahnen, das eher klassischen Bahnhofsumfeldern zuzuordnen ist. Will man davor weglaufen, würde sich der Fußweg zwischen Geschäftsbrücke und Köbo-Haus entlang der Wupper anbieten.

Der ist allerdings seit Eröffnung des Döppersbergs vor sechs Jahren wegen rätselhafter Restarbeiten durchgehend für Fußgänger gesperrt. Aber sonst ist wirklich alles Klasse – ich setze auf Sieg!

Bis die Tage!

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