Kommentar zur Lage beim abstiegsbedrohten Handball-Bundesligisten BHC Gegen die ungeschriebenen Gesetze

Wuppertal · "BHC-Trainer Sebastian Hinze raus" hat jemand neulich an die Hausfassade der Geschäftsstelle des Handball-Bundesligisten geschrieben. Vorsichtshalber mit sehr kleinen Buchstaben. Ganz so, als hätte er gewusst, was der Club unmittelbar vor Silvester am Ende einer sportlich ernüchternden Hinrunde beschließen würde.

 Der stellvertretende Redaktionsleiter Roderich Trapp.

Der stellvertretende Redaktionsleiter Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Als Konsequenz aus dem Sturz ans Tabellenende nach zuletzt elf Niederlagen in Serie wird nicht der Trainer an die Luft gesetzt, sondern die Mannschaft in die Verantwortung genommen. Eine Entscheidung gegen die berühmten "Gesetze der Branche", die mit Blick auf die BHC-Historie nicht unbedingt überrascht. In den vergangenen Jahren stand der Bundesligist schon zweimal nach ähnlichen Serien mit dem Rücken zur Wand, hielt trotzdem an Hinze fest und hatte damit gegenüber Konkurrenten die Nase vorn, die den Trainer gemäß der ungeschriebenen Gesetze gewechselt hatten.

So prekär wie heute war die sportliche Situation allerdings noch nie: Fünf Punkte Rückstand auf das rettende Ufer in 16 verbleibenden Spielen aufzuholen ist trotz vieler Heimpartien gegen direkte Konkurrenten eine Herkules-Aufgabe für das angeknockte Team.

Dieses Team hatte einen schon in den ersten Saisonspielen deutlich erkennbaren Konstruktionsfehler: Die Abgänge der Schlüsselfiguren Viktor Szilágyi und Maximilian Weiß sind durch ihre Nachfolger nicht kompensiert worden. Für den jungen Mittelmann Tomas Babak kommt die Aufgabe als Kopf einer Mannschaft in der stärksten Liga der Welt noch zu früh. Und Kreisläufer Uros Vilovski hat nicht annähernd das Niveau von Weiß erreicht. Dass Szilágyi die Rückrunde jetzt komplett als Spieler bestreiten soll, spricht in dieser Hinsicht Bände. Eine Trainerentlassung hätte dieses Manko auch nicht behoben.

Wohlgemerkt: Der BHC muss mit einem der schmalsten Etats der Liga immer damit rechnen, sich tief im Abstiegskampf wiederzufinden. Zumal, wenn so massives Verletzungspech wie in der Hinrunde hinzu kommt. Die bisherigen fünf Zähler wurden allerdings ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Personalprobleme geholt. Die angepeilte Stammformation wartet dagegen immer noch auf den ersten Sieg.

Deshalb ist es realistisch, sich auch mit dem Abstiegsfall zu beschäftigen. Es war heraushören, dass der BHC dafür schon gerüstet ist. Die 2. Liga sei kein Hindernis für Spielerverpflichtungen, hat BHC-Motor Jörg Föste bereits festgestellt, spricht von weitgehend beendeten zweigleisigen Planungen — und davon, dass man so oder so eine sehr schlagkräftige Mannschaft formen werde. Das muss auch so sein, weil für Wiederaufstieg und Klassenerhalt ähnliches Personal erforderlich ist.

Wesentlicher als der kurzfristige sportliche Erfolg oder Misserfolg ist aber ohnehin etwas ganz anderes: Nur wenn es der BHC schafft, seine Arena-Pläne zu realisieren, wird er auf Sicht konkurrenzfähig sein und sich wirtschaftlich so positionieren können, dass er in der Etat-Tabelle eben nicht mehr zu den Bundesliga-Kellerkindern gehört. Das immer wieder zu hörende "Beim Abstieg brauchen die doch keine Arena" ist in diesem Zusammenhang übrigens blanker Unsinn. Dafür wäre höchstens relevant, wo der BHC 2019 oder 2020 spielt.

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