Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Verlegt die Wupper!

Wuppertal · Seit Jahrzehnten hält sich hartnäckig das Gerücht, die Stadt Bielefeld existiere gar nicht. Dabei steigt die dort kickende Arminia seit Jahren immer wieder zuverlässig aus der Bundesliga ab, wobei Stadt, Stadion und weinende Spieler regelmäßig im Fernsehen erscheinen. Außerdem liefert das in Bielefeld ansässige Unternehmen Dr. Oetker ebenso zuverlässig Tiefkühlpizza gewordene Beweise seines Vorhandenseins in unsere Supermärkte.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Während Bielefeld also ganz offensichtlich existiert, kann man bei der Brambecke nicht unbedingt davon ausgehen. Denn bei der Brambecke handelt es sich um eine kleine Siedlung mit einem großen Problem: Wenn man von Oberbarmen aus die Wupper entlang fährt, liegt sie linker Hand an einem Hügelchen wenige hundert Meter vor Beyenburg. Gefühlt und ganz praktisch ist man hier also in Wuppertal, offiziell gehört die Brambecke aber zu Schwelm.

Das drückt sich auch in ihrer Postleitzahl 58332, weniger jedoch in der Telefonvorwahl aus. Die ist nämlich 0202, also Wuppertal. Und googelt man „Brambecke Wuppertal“ bekommt man auch deutlich mehr Treffer als bei „Brambecke Schwelm“. Deshalb ist die Brambecke auch in vielen Adressdateien der falschen Stadt zugeordnet oder gar nicht erst auffindbar. - und unglücklicherweise sogar bei der Post selbst im Prinzip nicht zu identifizieren.

Pakete an Brambecke, 58332 Schwelm, kommen mit einer Zuverlässigkeit nicht an, die man sonst von der Post gar nicht kennt. Selbst das Finanzamt Schwelm, bei dem die Brambecker Steuern zahlen, adressiert seine Briefe absichtlich falsch, damit seine Bescheide richtig ankommen, hat mir ein Freund erzählt, der in dieser Zwischenwelt wohnt.

Er ist übrigens auch der wahrscheinlich einzige Mensch im Bergischen Land, der eine eigene Bushaltestelle besitzt. Und das kam so: Als er vor Jahren an die Brambecke zog, stand unten an der Hauptstraße eine Art unbeleuchteter Bretterverschlag, bei dem es sich um die Bushaltestelle Brambecke handelte. Weil er seine kleinen Töchter da ungern morgens auf die Busse der Wuppertaler Stadtwerke warten lassen wollte, rief er bei denen an und erfuhr, dass ihnen die Haltestelle gar nicht gehört, weil das ja Schwelmer Gebiet sei. In Schwelm allerdings wollte man mit der Haltstelle auch nichts zu tun haben. Ist ja eine Wuppertaler Buslinie. Wo die Haltstelle überhaupt her kam, klärte sich erst später im Gespräch mit einer sehr alten Nachbarin: „Die hat mein Mann damals gebaut.“

Immerhin zeigten sich die Stadtwerke flexibel und verkauften dem Brambecker Vater für einen Euro ein gebrauchtes Wartehäuschen, das in Beyenburg gerade ausgemustert werden sollte, als Ersatz für die Bretterbude. Er hat es dann zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr an der Brambecke aufgebaut. Die Wuppertaler Busse halten erfreulicherweise bis heute hier, auch wenn es die Haltestelle eigentlich gar nicht gibt.

Nicht so lustig ist das Verwirrspiel bei Notfällen. Wenn man aus der Brambecke die 110 anruft, landet man in Schwelm, das sich nicht zuständig fühlt, genau wie umgekehrt Wuppertaler Notdienste, wenn man die auf anderen Wegen kontaktiert. Ist ja Schwelm. Bis das geklärt ist, existiert der Patient im ungünstigsten Fall genauso nicht mehr wie die Brambecke ...

Wenn ich es richtig verstanden habe, rührt das Grundproblem wohl daher, dass die Brambecke in Fließrichtung gesehen rechts der Wupper liegt. Und diese Fluss-Seite ist bis zur ersten großen Kreuzung in Beyenburg per Definition Schwelmer Gebiet, auch wenn sich die Stadt Schwelm Luftlinie locker fünf Kilometer weit weg befindet. Eventuell ließe sich die Sache also ganz unbürokratisch korrigieren, wenn man die Wupper einfach 300 Meter bergauf hinter die Siedlung Brambecke verlegen würde. Aber es muss erst noch geklärt werden, wer dafür zuständig ist ...

Bis die Tage!

P.S. - kleiner Reminder: Am Samstag (2. September) lese ich in der Gesamtschule Katernberg an der Kruppstraße 145 um 19 Uhr ausgewählte Glossen aus der Rubrik „Lange nach Torschluss“. Falls Sie also vor der Hirschhausen-Show im ersten Programm oder der Schwiegermutter fliehen möchten, freue ich mich auf Ihren Besuch. Zumal es mit schöner a-cappella-Musik von „Vox Vallis“ auch noch einen vernünftigen Programmpunkt gibt. Der Eintritt ist frei..

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