Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Wuppertal – phänomenal

Wuppertal · Heute müssen wir über die Schlagerpiloten reden. Dabei handelt es sich um zwei Herren mittleren Alters, die ihre Pläutzken in weiße Uniformen gepresst haben und so tun, als könnten sie singen und tanzen. Diese Uniformen sehen zwar nicht aus wie die von Piloten, sondern wie die von Ausflugsdampfer-Kapitänen, aber das passt, weil ihre Lieder auch nur entfernt Ähnlichkeit mit Musik haben.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Bis vor kurzem waren die Schlagerpiloten übrigens noch ein Trio, aber der dritte Mann ist jetzt nicht mehr dabei. Ich vermute, dass er sich geweigert hat, den neuen Hit der Schlagerpiloten mitzusingen, und sich davor in letzter Sekunde gerettet hat, indem er mit dem Fallschrim abgesprungen ist. Der Song trägt den Titel „Es war in Wuppertal“ ...

Das komplexe Libretto dieses Schlager-Opus‘ fasse ich mal wie folgt zusammen: Eine teuflische Frau spielt mit den Gefühlen eines Mannes, der das insgesamt gar nicht so schlecht findet. Und Schauplatz dieser verzwickten Handlung ist Wuppertal.

Im Refrain wird das Geschehen von den Schlagerpiloten im Rahmen eines Parabelfluges auf den Gipfel der Reimkunst mit den folgenden Versen auf den Punkt gebracht:

„Es war in Wuppertal,
ich hatte keine Wahl,
oooheyoooh,
es war in Wuppertal,
wo sie das Herz mir stahl,
oooheyoooh,
sie wollte nur mit mir spiel‘n,
und ich ließ mich gerne
verführ‘n
es war in Wuppertal
- phänomenal
oooheyoooh“

Als Wuppertaler möchte man da spontan ohjeohje statt oooheyoooh rufen, zumal der Refrain ungefähr zwanzigmal wiederholt wird, damit man sich die Zusammenhänge gut einprägen kann. Dazwischen passiert dann aber auch nicht mehr viel, was zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen könnte. Passend zur überschaubaren Dimension dieses Dramas ist das Stück mit Rumtata-Beats aus der Schlagersoundmaschine unterlegt, die arglose Zuhörer nach 30 Sekunden fix und discofoxi machen.

Nach der ersten Schockstarre habe ich mich bemüht, das Ganze positiv zu sehen und in die Abteilung „über wen man nicht spricht, der ist tot“ einzuordnen. Da hatte ich aber auch noch nicht das Video zum Wuppertal-Hit gesehen. Darin taumeln die beiden Schlagerpiloten mit ungelenken Bewegungen zu ihrem euphemistisch als Musik beschriebenen Hit nicht etwa vor dem Elisenturm oder der Schwebebahn als Kulisse, sondern hampeln in einer Bucht auf den Balearen herum. Auf den Felsen räkelt sich dazu eine junge Frau mit leidlich guter Figur, aber ausgeprägtem Überbiss. Es war also gar nicht in Wuppertal, sondern auf Mallorca.

Das ist ein Affront. Dabei wäre es doch perfekt gewesen, wenn sich die Schlagerpiloten auf das Tippen-Tappen-Tönchen gestellt hätten, weil ihre Komposition ja auch nur aus ein paar wenigen Tönchen besteht. Überhaupt hätte mir auch im Text etwas mehr Lokalbezug gefallen. Vielleicht „In der blauen Schwebebahn, zog sie mich so magisch an, aber dann in Langerfeld, wollte sie nur noch mein Geld“ – oder so was in der Art. Aber für so hochwertige Verse eines talentierten Texters hat das Budget wahrscheinlich nicht gereicht.

Zwei Millionen TV-Zuschauer haben übrigens neulich die Song-Premiere im ZDF-Fernsehgarten gesehen und werden möglicherweise das gedacht haben, was in einem Internet-Kommetar zum Lied stand: „(Er)Barmen, das hat Elberfeld nicht verdient.“

Andererseits hätte es ja auch noch viel schlimmer kommen können, wenn Wuppertal eine andere Endsilbe als „tal“ hätte. Stellen Sie sich zum Beispiel mal vor, die Schlagerpiloten hätten sich die Landeshauptstadt ausgesucht und damit rumgereimt: „Es war in Düsseldorf, an ihrem Mund war Schorf ...“ Da haben wir mit „Wuppertal – phänomenal“ ja im Prinzip sogar noch großes Glück gehabt!

Bis die Tage!

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