Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Eine Kugel Kukidaff

Wuppertal · Rundschau-Kolumnist Roderich Trapp macht Pause. Damit Sie trotzdem was zu lachen haben, gibt‘s heute einen Beitrag aus seinem Buch „Lange nach Toreschluss“ mit den besten Glossen der verganenen Jahrzehnte, der zum guten Wetter passt.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Max Höllwarth

Endlich haben wir über 20 Grad und können wieder Eis essen gehen. Ich bestelle am liebsten Stracciatella. Nicht nur, weil es so lecker ist, sondern vor allem, weil man bei diesem Wort unser Wuppertal-Sein so richtig schön ausleben kann. Denn wie jeder anständige Einheimische sage ich natürlich nicht „S-t-rrrazziatella“ sondern „Schtratziatella“. Eine wunderbare akustische Verschmelzung von filigraner mediterraner Speiseeiskultur und rustikalem bergischen Verzehrwunsch.

Wenn Sie kein Schtratziatella mögen, können Sie natürlich auch Schpagetti-Eis bestellen. Schmeckt ebenfalls ausgezeichnet, und der italienische Eismann würde Sie möglicherweise gar nicht verstehen, wenn Sie sich mit einem bemühten „S-paghetti“-Eiswunsch an ihn wenden. Schtratziatella ist übrigens die viertbeliebteste Eissorte in Deutschland. Direkt nach den Klassikern Schokolade, Vanille und Nuss. Und zum Glück meilenweit vor diesen ganzen merkwürdigen knallbunten Kreationen, die neuerdings dazu führen, dass die Eis-Theken aussehen wie das tiefgefrorene Reich von Prinzessin Lillifee. Besonders schlimm ist das, seit auch hybride Speiseeis-Migranten aus dem amerikanischen Genussraum bei uns Fuß zu fassen versuchen.

Neulich stand ich staunend vor der Theke einer in diesem Segment sehr aktiven Franchise-Kette und entdeckte eine mehrfarbige Eissorte namens „Cookie Dough“. Diese kulinarische Gefrierkombination war mir im Lebtag noch nicht begegnet. Also fragte ich den Verkäufer unter Wahrung meiner heimatlichen Identität: „Wat is denn Kukidaff?“ Der im angloamerikanischen Sprachraum selbst nicht unbedingt heimische und eher italienisch verwurzelte Eismann runzelte die Stirn und antwortete: „Isse wie Panna cotta.“

Panna cotta kennen wir als eine Art italienischen Pudding, dessen komplexe und langwierige Herstellung dazu führt, dass er am Ende weitgehend nach nichts schmeckt. Das ermunterte mich zu einer vertiefenden Nachfrage: „Und warum heißt datann Kukidaff?“ Antwort: „Weiße nich, musse Seffe fragen.“

Weitere Erklärungsversuche zum orange-weißen „Crunchy Macadamia“ („Isse mitte Nuusss“), „After Eight“ („...mitte Minz“) und einem von merkwürdigen Knürspeln durchzogenen „Nougat de Montelimar“ („Isse wie Sssokolade“) führten auch nicht entscheidend weiter. Erkennbar war lediglich, dass angesichts des Preises der kalten Designerkugeln das darin mutmaßlich enthaltene Honorar für Eissorten-Namenserfinder astronomisch sein muss.

Für den Tageskurs von einem Bällchen Kukidaff hätte man früher locker eine vierköpfige Familie zum Eis einladen können. „Wissense wat“, sagte ich also zum Eismann, „gebensema ... eine Kugel Schtratziatella!“

Bis die Tage!

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