Meinung Ja, wann denn sonst?

Wuppertal · Kommentar über einen möglichen Bürgerentscheid zur Seilbahn.

 Rundschau-Redakteur Körn Koldehoff.

Rundschau-Redakteur Körn Koldehoff.

Foto: Bettina Osswald

Soll in Wuppertal künftig eine Seilbahn vom Hauptbahnhof über die Uni bis nach Küllenhahn fahren? Ganz ehrlich? Stand heute: Ich weiß es nicht Eins dagegen schon: Das Thema bietet sich zwingend dafür an, die Bevölkerung nach ihrer Meinung zu fragen. Zum Beispiel im Rahmen eines Bürgerentscheids.

Beide Seiten — Befürworter und Gegner — haben bislang durchaus ordentliche und sachliche Argumente ins Feld geführt. Abgeschlossen ist die interessante Diskussion damit aber noch lange nicht. Es gilt noch jede Menge Fragen (Trassenverlauf, Kosten, Betrieb, Notwendigkeit, Privatsphäre der Anwohner) zu beantworten. Sinnvollerweise ist die Ratsentscheidung deshalb auf Mai 2017 verschoben worden, um wirklich alle Aspekte, vor allem die der gestiegenen Kosten (nun eher 75 statt der bislang angedachten 50 oder 55 Millionen Euro), zu klären.

Natürlich ist der Rat die demokratisch gewählte Vertretung der Bevölkerung. Aber in einer Frage, die in Wuppertal so emotional und kontrovers diskutiert wird, macht es Sinn, das vorhandene Instrument des freiwilligen Ratsbürgerentscheids zu nutzen. Führt man ihn — wie von den Freien Demokraten vorgeschlagen — parallel zur Bundestagswahl im September durch, lassen sich zudem praktischerweise erhebliche Kosten sparen.

Wuppertal hat sich das Thema Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrieben, dafür sogar ein eigenes Dezernat installiert. In einem viertägigen Workshop haben Bürger ein Seilbahn-Gutachten erstellt (Ergebnis: weiter planen, aber Kosten detailliert offen legen). Es soll als Entscheidungshilfe dienen. Warum also jetzt bremsen?

Wer nun abwinkt, muss sich fragen lassen, wann und bei welchen Themen denn sonst die Bürger befragt werden sollen. Es wäre die entsprechende Legitimation — so oder so. Und keiner der vielen traurigen Fälle, in denen Bürgerentscheide durch Politik und Verwaltung torpediert worden sind, oft sogar (erfolgreich) mit juristischen Winkelzügen.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Nein, ich habe keine Lust, jeden Sonntag in die Grundschule zu gehen, um dort ständig an irgendwelchen lokalpolitischen Abstimmungen teilzunehmen. Dafür ist der Rat da. Über eine mögliche Seilbahn aber mit ihren weitreichenden finanziellen und ÖPNV-technischen Folgen sollten die Bürger sehr wohl abstimmen.

Gut möglich, dass sie es ohnehin tun, sollte der Rat nicht von selbst ihre Meinung einholen. Gerade die SPD weiß nur zu gut, wie sehr sich ein Thema verselbständigen kann. Beim hoch emotionalen Thema "Buskaps" holte sie sich 1998 jede Menge blaue Augen. Notwendig ist das diesmal keinesfalls.

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