Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Auf dem Skywalk

Wuppertal · Rundschau-Redaktionsleiter Roderich Trapp hat frei, möchte aber die Freunde seiner wöchentlichen Glosse nicht im Regen stehen lassen. Deshalb recycelt er heute einen Beitrag aus dem Archiv, der zwar schon drei Jahre alt, mit Blick auf unsere Geocaching-Aktion aber wieder top-aktuell ist.

 Der Skywalk eröffnet wunderbare Perspektiven auf das Tal der Wupper.

Der Skywalk eröffnet wunderbare Perspektiven auf das Tal der Wupper.

Foto: Achim Otto

Ich bin ja gebürtiger Barmer, lebe allerdings schon sehr lange als Entwicklungshelfer in Elberfeld. Hat aber noch nicht viel gebracht. Die glauben da zum Beispiel immer noch, dass die zivilisierte Welt kurz hinter dem Haspel endet und haben auf alles mit Norden im Namen generell keinen Bock, weil sie am Autobahnkreuz Wuppertal-Nord immer in die Radarfalle donnern. Deshalb würden sie auch nie auf die Idee kommen, in den Nordpark zu fahren und drängeln sich lieber alle auf der Hardt.

Da sitzen sie dann mit der Fott im feuchten Gras, während man im Nordpark auf schicken Relax-Möbeln mit Fernblick in der Sonne liegen kann. Und das ganz entspannt, weil Kinder nebenan auf dem Bolzplatz kicken oder sich auf den neuen Spielplätzen an den dollsten Geräten austoben können Ich bin ja noch mit Rutschen groß geworden, die statt viel Spaß im wesentlichen viele Holzsplitter in den Popo brachten. Neben diesen Rutschen standen als Hauptattraktionen eine rostige Reckstange und der in den Sandkasten kackende Hund unserer Nachbarn. Wenn man dann ein Kinderparadies wie im Nordpark sieht, möchte man sich als älterer Passant am liebsten eines der Blagen ausleihen, um mitspielen zu können.

Für Erwachsene gibt es aber auch ein Highlight, das diesen Namen wirklich verdient: Ich meine den Skywalk, der 16 Meter in die Luft ragt und in diese geniale Aussichtsplattform mit Panoramablick von Nächstebreck bis zu den Barmer Anlagen mündet. Wenn man da am Geländer steht, hat man passend zum Namen tatsächlich ein himmlisches Gefühl. Man kommt sich vor wie Leonardo di Caprio und Käthchen Winslet am Bug der „Titanic“. Nur dass man von da keinen Eisberg, sondern den Ehrenberg sieht, was mittelfristig auch gesünder ist.

Für so einen Ausblick bräuchten Menschen in anderen NRW-Städten einen Ultraleichtflieger. Einen ähnlichen Skywalk gibt es übrigens am Grand Canyon. Der kostet mehr als 70 Dollar Eintritt, dafür darf man aber auch nicht fotografieren. Hier im Nordpark ist der ganze Spaß gratis und Fotografieren erlaubt, was mal wieder beweist, dass die USA inzwischen nur noch das Land der sehr begrenzten Möglichkeiten sind. Apropos begrenzte Möglichkeiten: Wenn es nach dem Bund der Steuerzahler geht, dürfte unser Skywalk gar nicht da sein. Schließlich ist Wuppertal ja hoch verschuldet und der Steg 200.000 Euro teuer. Die hat zwar zu 80 Prozent das Land bezahlt. Aber in ihrer Querulanten-Fachzeitung befanden die Steuer-Apostel trotzdem schon Ende 2016: „Braucht der Wuppertaler Nordpark wirklich einen Skywalk? Beim Blick vom fast zwei Milliarden Euro hohen Schuldenberg der Stadt wird einem schon schwindelig genug.“

Verstehe ich das richtig? Weil wir dank Soli und Sozialausgaben weitgehend unverschuldet keine Kohle mehr haben, sollen wir also grundsätzlich nur in den Abgrund und nicht mehr in die Landschaft gucken? Möglicherweise würde uns der Steuerzahlerbund so gerade eben noch einen aus angeschwemmtem Wupper-Treibholz gezimmerten Hochsitz zugestehen. Oder einen Aussichtsturm aus alten Apfelsinenkisten.

Aber was Schönes, von dem man idealerweise auch nicht runterfällt, kommt für uns kommunalfinanzielle Kretins keinesfalls in Frage. Da vergoldet man lieber die Geländer an der Königsallee im reichen Düsseldorf. Wissen Sie was: Ich schlage vor, wir klappen jetzt alle mal schön den Mittelfinger aus und zeigen den in Richtung Berlin. Da sitzt nämlich der Bund der Steuerzahler.

Und dann klappen wir den Stinkefinger wieder ein und drücken stattdessen mir ganz fest die Daumen. Ich würde es nämlich unheimlich gerne noch erleben, dass die Turmterrassen eröffnen und ich da ein Pils trinken und ein Krüstchen essen kann. Aber leider beträgt meine statistische Lebenserwartung nur noch 25 Jahre. Wenn die da also da in dem Tempo wie bisher weiter machen, könnte das mit dem Krüstchen ziemlich eng werden ...

Bis die Tage!

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