Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire Geeignetheitserklärung

Wuppertal · So ein blöder Heini: Der gleichnamige Sturm hat unseren großen Weihnachtsbaum in Barmen umgeschmissen und damit nicht nur eine Tanne, sondern auch unsere bei 14 Grad und Nieselregen gerade zart aufkeimende Weihnachtsstimmung kippen lassen.

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

IS- und Isobaren-Terror — da haben die Weihnachtsengel dieses Jahr jedenfalls ganz schön was zu tun, damit Heiligabend Frieden auf Erden herrscht.

Neudeutsch müsste man übrigens im konkreten Barmer Fall von einer Umkippung des Weihnachtsbaums reden. Es wird ja neuerdings wirklich überall ein "-ung" drangepappt. Vor allem bei den Behörden. Dieser Tage teilte beispielsweise die Polizei mit, dass sie jetzt Pedelecs zur "Bestreifung" der Nordbahntrasse einsetzt. Sprachlich betrachtet ist das "ung" bei Bestreifung ein Substantivierungssuffix, das so heißt, weil man das daraus entstehende sprachliche Gebilde nur im Suff ertragen kann. Wer solche Worte erfindet, isst auch kleine Kinder und Singvögel.

Es geht aber noch schlimmer, wie ich neulich bei einer Bestreifung des Internets feststellte. Dort stieß ich auf die "Geeignetheitserklärung". Dieses Wortmonster ist in finsteren Kellern des Bundesfinanzministeriums entstanden, als bürokratische Folterknechte darüber nachdachten, wie man das bisher bei der Anlageberatung von Bankkunden erforderliche Protokoll noch weiter verkomplizieren kann.

Herausgekommen ist die "Geeignetheitserklärung", die der Berater künftig seinem Kunden vorlegen muss. In ihr soll drinstehen, warum er dem Kunden genau diese Anlage wann, wie lange und warum nach bestem Gewissen nicht richtig erklärt und dann dringend zum Kauf empfohlen hat. Geeignetheit hieß bis vor wenigen Wochen noch Eignung, so dass wir beim Suffix "-heit" von einer Art weiter fehlentwickelter "-ung 2.0" reden können. Langfristig werden vermutlich sowieso alle anderen Worte durch -ungs und -heits ersetzt.

Ich will nicht ungen, pardon: unken, aber ich sehe die Weihnachtsgeschichte schon in neuer Form vor mir: Maria und Josef führten eine Niederkommung in einer Tierfütterungseinrichtung durch, die trotz der Kaltheit der nächtlichen Umgebung zur allseitigen Zufriedenheit gelang. Ungeachtet der mit Nutztierhaltung verbundenen Ausdünstungen erwies sich die Geeignetheit der Stimmung für eine Religionsstiftung dank himmlischer Musikberieselung insgesamt als gegeben. Davon überzeugte sich auch eine Abordnung dreier Heiligkeiten aus dem Morgenland im Zuge einer Bestreifung des Nahen Ostens bei der Verfolgung einer stellaren Unnormalheit. In der Darbringung von Geschenken für die durch göttliche Befruchtung der Zeugung zugeführte männliche Niederkommungshervorbringung kulminierte die Abendveranstaltung.

Übrigens: Wenn es eine Geeignetheitserklärung gibt, müsste es ja auch eine Ungeeignetheitserklärung geben. Ich hätte schon ein paar Ideen, welchen Behörden man die rein sprachlich betrachtet ausstellen könnte ...

Bis die Tage!

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