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Kommentar zum 11. April und seinen Folgen: Feindbilder

Kommentar zum 11. April und seinen Folgen : Feindbilder

Verdammt noch mal, ja! Wenn ein Türke gezielt von drei Hogesa-Nazis auf offener Straße angegriffen und lebensgefährlich verletzt wird, dann ist das ein Anlass, diese Tat lautstark und deutlich zu verurteilen.

Da müssten sich Politiker, Parteien, Verbände und Institutionen in breiter Front mit dem Opfer solidarisieren, um den Anhängern der rechten Szene klar zu demonstrieren, dass ihre Tat von der allergrößten Mehrheit in dieser Stadt als abscheuliches, niederträchtiges, in keinster Weise zu tolerierendes Verbrechen missbilligt wird.

Wie zum Tag der Demos von Pegida und Salafisten im März müssten die Wuppertaler ihre Stimme erheben, um ihre Stadt gegen gefährliche Extremisten zu verteidigen. Passiert ist das jedoch nicht. Wenn Autonome das nicht verstehen und daher Alarm schlagen, dann ist das mehr als berechtigt.

Komplizierter wird es, was ihre Kritik am Polizeieinsatz und der Pressearbeit der Polizei betrifft. Ob die Darstellung der Tatnacht durch die Polizei der Wahrheit entspricht — wer will das entscheiden, der nicht persönlich dabei war? Wuppertals Polizeichefin Birgitta Radermacher äußert sich auf Rundschau-Nachfrage zu den Vorwürfen: "Unsere erste Pressemitteilung erfolgte bereits am Morgen nach dem Verbrechen und stellte die uns zu dieser Zeit bekannten Fakten dar. Schon in dieser frühen Phase haben wir eine Täterschaft aus der rechten Szene bewusst nicht ausgeschlossen. Vielmehr haben wir diese Möglichkeit ausdrücklich benannt und somit einen möglichen politischen Hintergrund im Blick behalten." Dass dabei aus einem Angriff von Rechten auf einen Autonomen eine Auseinandersetzung zwischen Linken und Rechten wurde — war schlicht ein Fehler. Egal, ob das nun Absicht oder dem ersten Eindruck der Polizisten vor Ort geschuldet war, die den Vorfall vielleicht voreilig in das alte Schema eingeordnet haben.

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Fehler aber müssen benannt werden, damit sie in Zukunft im besten Fall nicht mehr gemacht werden. Das muss auch und gerade für eine so wichtige Behörde wie die Polizei gelten. Das ist wichtig, damit die Bürger ein berechtigtes Vertrauen haben können.

Bei allem Verständnis für die Kritik der Autonomen bleibt jedoch ein fader Beigeschmack. Wer andere für ihre Fehler kritisiert, sollte selbst kritikfähig und offen bleiben — und darf ebenso wenig in seinen bekannten Denkmustern verharren wie die Gegenseite. Wer eine objektive Berichterstattung will, muss den Dialog suchen — und sich nicht hinter anonymen Mitteilungen verschanzen. Wer die Polizei öffentlich angeht, der sollte auch den Willen haben, etwas zur Verbesserung der Lage beizutragen.

Bei der Veranstaltung im Rathaus wurde der Vorschlag, den Austausch mit der Polizei zu suchen, mit höhnischem Gelächter und spöttischen Bemerkungen von den Autonomen quittiert. Schließlich ist das Feindbild Polizei für die Autonomen Teil der Identität. Wer jedoch etwas in der Gesellschaft verbessern will, der muss auch bereit sein, sich davon zu lösen und an einen Runden Tisch zu setzen — verdammt noch mal!

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(Rundschau Verlagsgesellschaft)