Kommentar zur Umstellung der Sparkassen-Konten Von Geld und Freundschaft

Shitstorm ist der passende Begriff für das, was die Stadtsparkasse Wuppertal nach der Vorstellung ihrer neuen Girokonto-Modelle ereilt hat. Eine Ohrfeige, die sicher nicht unverdient war, weil die tiefgreifende Veränderung der Kontowelt und ihrer Kostenstruktur ausgesprochen ungeschickt präsentiert wurden.

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Wuppertaler reden und hören gerne Klartext. Deshalb hätte man von vorneherein klar machen sollen (und können), dass wirtschaftliche Notwendigkeiten die Sparkasse nach zwölf Jahren zu Preiserhöhungen zwingen, statt die verschachtelten Kontenmodelle als eine Art Ei des Kolumbus in der Finanzwelt anzukündigen. Dafür hat sich die Sparkasse inzwischen entschuldigt und so den Weg frei gemacht für einen nüchternen Blick auf die Umstellungen.

Der zeigt zunächst einmal, dass die Grundpreise für Sparkassenkonten steigen. Punkt. Verwunderlich ist daran höchstens, dass man zwölf Jahre lang auf eine Anpassung verzichtet hat. Und das in einer seit geraumer Zeit anhaltenden Rekord-Niedrigzinsphase, die der Sparkasse das Geldverdienen so schwer macht wie noch nie.

"Aber gleich so viel?" fragen sich vor allem jene Kunden, die jetzt 3,90 Euro statt einen einen Euro für ihr Online-Konto bezahlen. Jene Kunden also, die mit diesem Einstand vom flächendeckenden Geldautomatennetz der Sparkasse in Wuppertal profitieren, ihre Kontoauszüge kostenlos in der Filiale ausdrucken und bei Bedarf Zweifel auch noch weitere "analoge" Dienstleistungen in Anspruch nehmen konnten. Nur dass auch Geldautomaten von irgendjemand befüllt und Drucker gewartet werden müssen ...

Die Sparkasse selbst hält ihre neuen Preise für marktgerecht - auch mit Blick auf die Konkurrenten im Tal, von denen sich bekanntlich viele immer weiter aus dem Filialgeschäft zurückziehen. Wer daraufhin jetzt Preisvergleiche anstellt, muss übrigens sehr genau hinsehen - oft verstecken sich Zusatzkosten in Einzelpositionen im Kleingedruckten der Preisliste. Nicht vergleichen sollte man die Sparkasse dagegen mit den reinen Online-Banken wie der gerne ins Feld geführten ING Diba, die ohne Filialnetz und mit minimalem Personalaufwand kostenlose Girokonten anbieten.

Natürlich steht auch jedem Wuppertaler frei, solche Angebote zu nutzen. Wenn das aus schierem Sparzwang geschieht - okay. Für alle anderen, die sich auch etwas höhere Kontogebühren leisten könnten, gilt: Wenn diese Sparfüchse ihr Konto kündigen, werden sie dann sicher auch so konsequent sein, ihre Kinder vom Sparkassen-Cup der Grundschulen abzumelden oder einen Bogen um die Nordbahntrasse zu machen, bei deren Finanzierung die Sparkasse schon 2007 mit 250.000 Euro als zweitgrößter Spender für eine Initialzündung gesorgt hat. Bei jährlich fünf Millionen Euro Sparkassen-Unterstützung für Wuppertaler pro Jahr könnte man diese Liste noch ziemlich lange fortschreiben — oder Sportvereine und die freie Kulturszene nächstes Jahr alternativ mal bei Cortal Consors & Co. nachfragen lassen, ob sie mit Förderschecks einspringen möchten ...

Bei dieser Direktbank betreuen übrigens gerade einmal rund 700 Mitarbeiter 700.000 Kunden in Deutschland. Die Sparkasse dagegen bietet 1.400 Arbeitsplätze in Wuppertal plus jährlich um die neue 50 Ausbildungsstellen, hat ihr und unser Kapital in der Finanzkrise nicht verzockt, muss sich nicht den Interessen von Börsianern und Aktionären orientieren und bietet Oma und Opa auch in den nächsten Jahren garantiert noch eine Geschäftsstelle vor der Haustür.

Irgendwie erinnert mich das Ganze ein bisschen an die permanente Diskussion um die Stadtwerke-Tarife. Die Leute, die sich wundern, wenn die Buslinie vor ihrer Haustüre plötzlich eingestellt wird, sind gerne dieselben, die ihren Strom von einem Energie-Dumpinganbieter beziehen. Sie haben also selbst dafür gesorgt, dass die Wuppertaler Stadtwerke mit den Erlösen aus der Versorgungssparte den ÖPNV nicht mehr quersubventionieren können.

Ich prognostiziere aber mal, dass es der Sparkasse nicht so gehen wird. Wer die "Geiz ist geil"-Mentalität lebt, dürfte nämlich ziemlich bald feststellen, dass sich das in die neuen Kontenmodelle eingebaute Cashback-Modell mit sehr einfach zu realisierendem "echten Geld" statt irgendwelcher Treuepunkte richtig gut rechnet, ohne dass man etwas an seinem Einkaufsverhalten ändern müsste. Das versteht die Generation Payback spätestens dann, wenn sich die jetzt noch rudimentäre Liste mit in das System eingebundenen Wuppertaler Einzelhändlern so füllt, wie die Sparkasse es angekündigt hat.

Beim Geld hört die Freundschaft auf, lautet ein altes Sprichwort. Ob das auch mit Blick auf die Sparkasse so ist, kann in Wuppertal jeder für sich selbst entscheiden.

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