Kommentar zum Altschulden-Problem Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wuppertal · Hätte das Thema nicht so eine existenzielle Dimension, könnte man von einem Running Gag sprechen: Seit einer gefühlten Ewigkeit wird vor Wahlkämpfen auf Landes- und Bundesebene von quasi allen Parteien die Lösung der kommunalen Altschulden-Problematik als wesentliches „to do“ auf die politische Agenda gesetzt.

Es geht um jede Menge Geld ...

Foto: Gerd Altmann

Passiert ist aber unabhängig von Wahlausgängen rein gar nichts. Damit werden viele Städte speziell in Nordrhein-Westfalen von finanziellen Altlasten erdrückt, für deren Entstehung sie zu einem großen Teil gar nicht selbst verantwortlich waren. Überwiegend schlagen hier Strukturschwäche und den Kommunen von Land und Bund aufgebürdete Lasten zu Buche.

Wuppertal gehört zu den davon massiv betroffenen Städten. Ende 2023 schob die Stadt trotz großer Spar-Bemühungen und entsprechender Haushaltsdiszplin immer noch 893 Millionen Euro Schulden vor sich her, die als Damoklesschwert über allem kommunalen Handeln hängen. Umso lauter kommt der Ruf nach einer Altschuldenlösung auch aus dem Barmer Rathaus – und jetzt gibt es tatsächlich die realistische Aussicht, dass er gehört werden könnte.

Denn die NRW-Landesregierung hat nun im endlosen politischen Hickhack um die finanzielle Lastenverteilung einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, der parteiübergreifend zumindest nicht auf sofortige Ablehung gestoßen ist. Düsseldorf will sich über 30 Jahre hinweg mit 250 Millionen per anno an den kommunalen Altschulden im Land beteiligen. Wenn den Städten nicht im Gegenzug andere Mittel vorenthalten oder ihnen weitere haushaltswirksame Lasten aufgebrummt werden, dann sieht man diese Idee auch im Wuppertaler Rathaus positiv.

Umgesetzt werden kann sie aber nur, wenn auch die Bundesregierung die Zusage einhält, sich im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse ihrerseits ebenfalls mit 50 Prozent an der Entschuldungs-Aktion zu beteiligen. Diese Absicht ist im Koalitiosvertrag verankert, jetzt muss Berlin liefern, um den Gordischen Altschuldenknoten zu durchschlagen.

Ob das aber mit Blick auf den gerade als nationalen Sparkommissar auftretenden Finanzminister gelingt, wird eine spannende Frage.

Warum das so wichtig ist, zeigt übrigens auch ein Blick auf das Europawahl-Ergebnis, das das extreme politische Lager auch in Wuppertal auf dem Vormarsch sieht.

So etwas resultiert unter anderem daraus, wenn im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen – sprich: in der Stadt, in der sie leben – nur der Mangel verwaltet wird. Für Wuppertal fallen einem da Stichworte wie fehlende Kita-Plätze, marode Schulen, kaputte Infrastruktur, Sparprogramme im öffentlichen Nahverkehr, unterbesetzte Behörden und verfallende Innenstädte ein.

Um in diesen Bereichen etwas zu bewegen, braucht es finanzielle Spielräume im Haushalt, die Wuppertal schon seit vielen, vielen Jahren nicht mehr hat. Für mich ist deshalb sonnenklar: Altschuldenlösung – wenn nicht jetzt, wann dann?