Inhaltsstoffe verstehen lernen: So funktionieren INCI-Listen auf Kosmetikprodukten

Ob Palmöl, Duftstoffe oder Nanopartikel – dass viele der Inhaltsstoffe von Kosmetik schädlich für die Haut sein können, dürfte hinlänglich bekannt sein. Doch was bringt dieses Wissen, wenn man die Inhaltsstoffe gar nicht als solche erkennt oder nur durch langwierige Internet-Recherchen erfährt, was sich tatsächlich hinter den komplizierten Namen verbirgt? Aus Sicht der Verbraucher soll hierfür die “International Nomenclature of Cosmetic Ingredients” (kurz: INCI) Abhilfe schaffen. Wirklich einfacher gestalten die Richtlinien das Verstehen der Inhaltsstofflisten zwar nicht, sie sorgen aber zumindest für ein einheitliches System und damit für eine Grundlage, an der sich jeder Konsument orientieren kann.

Inhaltsstoffe verstehen lernen: : So funktionieren INCI-Listen auf Kosmetikprodukten
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Was ist die INCI?

Der Grundgedanke der internationalen Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe besteht darin, vor allem Allergikern dabei zu helfen, auf einen Blick die für sie gefährlichen Inhaltsstoffe in Kosmetik erkennen zu können. Dass alle Bestandteile von Pflege- und Kosmetikprodukten einsehbar sein müssen, gibt das EU-Recht vor – wie das in der Praxis gehandhabt wird, bestimmen die INCI-Richtlinien. Das Grundkonzept ist dabei einfach nachvollziehbar: Die Inhaltsstoffe werden mit ihren INCI-Bezeichnungen (meistens englische oder lateinische Bezeichnung) in der Reihenfolge ihrer Gewichtung im Produkt aufgelistet. Erst sobald Inhaltsstoffe weniger als 1 % des Inhalts ausmachen, spielt die genaue Reihenfolge keine Rolle mehr. Diese feste Abfolge ist auch der Grund dafür, warum Inhaltsstofflisten meistens mit Bestandteilen wie Wasser, Alkoholen oder Fetten beginnen und durch Konservierungs- bzw. Farbstoffe abgeschlossen werden.

Wichtig ist diese systematische Auflistung aber nicht nur für Allergiker, sondern auch besonders dann, wenn man einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen auf dem Kosmetik-Markt wirft. Start-ups wie FORMEL Skin bieten ihren Kunden individuell zusammengestellte Hautpflege-Produkte, die beispielsweise gezielt gegen Hautunreinheiten oder Akne wirken. Da es sich dabei nicht um gewöhnliche Massenproduktionen handelt, ist es umso wichtiger, dass für jeden Kunden immer nachvollziehbar bleibt, welche Inhaltsstoffe sich in den Produkten befinden.

Grundsätzlich klingt der INCI-Ansatz also nach einem wichtigen Aspekt in Sachen Transparenz – und das ist er auch, solange man nicht zu denjenigen gehört, die sich nach Schule sicher waren, ihre Latein-Grundkenntnisse nie wieder zu brauchen. Denn die systematische Anordnung der Inhaltsstoffe ändert leider nichts an dem Problem, dass viele Bestandteile der Produkte für Normalverbraucher schlichtweg nicht nachvollziehbar sind – wodurch wir zurück beim eingangs geschilderten Problem sind. Denn während Begrifflichkeiten wie “Aqua” (Wasser) und “Maris sal” (Meersalz) noch vergleichsweise leicht zu entschlüsseln sind, wird es mit Stoffen wie “Lanolin” (Wollwachs) oder “Cera Alba” (Bienenwachs) deutlich schwieriger. Der höchste Schwierigkeitsgrad wird spätestens dann erreicht, wenn man bei unterschiedlichen Formen von Mikroplastik ankommt. Dann hören die Inhaltsstoffe plötzlich auf klangvolle Namen wie “Polymethylmethacrylate”, “Acrylate Crosspolymer” oder “Polyethylenterephthalate”. Um auch hier beim Verständnis zu helfen, folgt eine kurze Übersicht über besonders schädliche Inhaltsstoffe und deren Darstellung in den INCI-Listen.

Erdöl, Palmöl & Co.: Wie erkenne ich potenziell schädliche Inhaltsstoffe?

Der große Vorteil unserer Zeit: Beim Durchforsten des Begriffschaos ist niemand mehr auf sich alleine gestellt. Webseiten wie haut.de geben einen umfassenden Überblick über verschiedene Inhaltsstoffe und auch “INCI-Tester” gibt es mittlerweile in verschiedenen Online-Varianten oder Apps, bei denen ein einfacher Scan des Produkt-Barcodes ausreicht. Ein weiterer Pluspunkt der Apps: Die Inhaltsstoffe werden häufig automatisch in allgemein verständliche Sprache übersetzt und jeder Nutzer kann ein Profil mit Allergien, Unverträglichkeiten und persönlichen Abneigungen erstellen, sodass bei jedem Scan automatisch Warnhinweise auftauchen, die auf genau solche Inhaltsstoffe hinweisen.

Wer sich selbst aber zumindest das Grundwissen aneignen möchte, sollte vorrangig auf folgende Inhaltsstoff-Bezeichnungen achten:

Pflanzenstoffe: Dass pflanzliche bzw. “natürliche” Stoffe nicht schädlich sein können, ist ein Mythos – umso besser, dass sie ebenfalls übersichtlich gelistet werden. Das Problem: Hier setzt sich die Bezeichnung sogar aus zwei Sprachen zusammen. Zunächst wird die Pflanze mit dem lateinischen Begriff bezeichnet. Anschließend folgt der verwendete Pflanzenteil und die Art der Verarbeitung auf Englisch. Aus Olivenöl wird so beispielsweise “Olea Europaea Fruit Oil”.

Duftstoffe: Duftstoffe gehören mit zu den Inhaltsstoffen, die am häufigsten für allergische Reaktionen und Hautreizungen sorgen. Nichtsdestotrotz muss ein Großteil von ihnen nicht separat gelistet werden, sondern kann unter dem Begriff “Parfum” gesammelt aufgeführt werden. Lediglich 26 der kritischsten Allergieauslöser – darunter unter anderem Linalool und Coumarin – müssen ab einer Konzentration von 0,01 % (abzuwaschende Produkte) bzw. 0,001 % (nicht-abzuwaschende Produkte) einzeln genannt werden.

Farbstoffe: Als wäre der Mix aus Englisch, Latein und scheinbar künstlich verkomplizierten Wortzusammensetzungen nicht unverständlich genug, werden die Farbstoffe zusätzlich hinter der Abkürzung “C.I” (Colour Index) und einer Zahlenkombination versteckt. Das Kürzel “C.I. 77510” steht beispielsweise für den Farbstoff “Berliner Blau”.

Nanopartikel: Mikroplastik gehört mit zu den Nanopartikel-Inhaltsstoffen, die bei den meisten Verbrauchern die Alarmglocken schrillen lassen. Berichte zur angeblich schädlichen Wirkung gibt es mittlerweile viele – die wissenschaftliche Studienlage ist aber nach wie vor dürftig. Wie zuvor erwähnt, können die Bezeichnungen hier Formen bis hin zu “Polyethylenterephthalate” auftauchen. Beim Identifizieren hilft glücklicherweise der “(nano)” Zusatz, der verpflichtend hinter jedem Nanopartikel-Inhaltsstoff gelistet sein muss. So werden die Zinkoxid und Titandioxid, die man häufig in Sonnencremes findet, beispielsweise als “Zinc Oxide (Nano)” bzw. “Titanium Dioxide (Nano)” gelistet.

Palmöl: Dieser Inhaltsstoff lässt sich häufig durch den “Palm”-Bestandteil der Bezeichnungen erkennen. Da das aber zu einfach wäre, gibt es mittlerweile verschiedene Varianten und Derivate, die sich hinter Bezeichnungen von “Elaeis Guineensis” bis hin zu “Natriumdodecylpoly(oxyethylen)sulfat” verstecken. Wer hier wirklich auf Nummer sicher gehen will, greift am besten zur App.

Erdöl: Da Erdöl auf ganz unterschiedliche Arten verarbeitet werden kann, variieren auch die Bezeichnungen stark. Das geht von Vaseline über “Mineral Oil” bis hin zu “Paraffinum Liquidum” und “Cera Microcristallina”.

PEG: Insbesondere Polyethylenglycol-Derivate werden teilweise als krebserregend eingestuft und sind dementsprechend stark umstritten. Erkennen lassen sie sich durch das “PEG-”-Kürzel sowie Bezeichnungen, die “-eth” enthalten.

Parabene: Zum Abschluss eine Inhaltsstoff-Gruppe, die sich glücklicherweise schnell erkennen lässt. Die Parabene-Konservierungsstoffe tragen immer “-paraben” im Namen.

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