Interview mit Dr. med. Thilo Traska Verschobene OPs: „Gesundheit nicht aufs Spiel setzen“
Wuppertal · Normalerweise möchten Patienten notwendige Operationen so schnell wie möglich hinter sich bringen. Doch genau das Gegenteil passiert gerade in der aktuellen Coronavirus-Pandemie. Immer mehr Patienten sagen ihren geplanten OP-Termin ab oder verschieben ihn, weil sie Ängste haben, sich im Krankenhaus mit dem Corona-Virus anzustecken. Die Rundschau hat mit Dr. med. Thilo Traska, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, und Mitglied des Krisenstabs im Agaplesion Bethesda Krankenhaus, darüber gesprochen.
Im Frühjahr, als die Corona-Pandemie erstmals ausbrach, haben Praxen und Kliniken Patienten noch dazu aufgerufen, Arztbesuche und Operationen zu verschieben, wenn sie nicht unbedingt nötig sind. Warum hat sich das jetzt, trotz der steigenden Infektionszahlen, geändert?
Traska: „Im Frühjahr haben wir uns erstmals mit der Covid-19-Pandemie auseinandersetzen müssen. Behandlungstermine und Operationen wurden verschoben, um Kapazitäten für Corona-Patienten freizuhalten. Erfreulicherweise mussten wir diese Kapazitäten überwiegend nicht nutzen. In der Zwischenzeit haben wir einiges gelernt, die Abläufe angepasst, ein entsprechendes Testsystem und vieles mehr eingeführt. Daher können wir bei größtmöglicher Sicherheit Patientinnen und Patienten in der Ambulanz und auch stationär behandeln.“
Wann haben Sie bemerkt, dass Patienten wegbleiben? Und in welchen Bereichen? Sind es eher die Patienten, die die Notaufnahme nicht mehr aufsuchen oder die Patienten mit den geplanten OP-Terminen, die ausbleiben?
Traska: „Anders als in der Zeit vor der Corona-Pandemie suchen Patienten die Notaufnahme nicht so häufig wegen Bagatellverletzungen oder leichten Erkrankungen auf. Allerdings haben auch Patienten mit schweren Erkrankungen eigentlich notwendige Behandlungen abgesagt oder haben sich deutlich zu spät in Behandlung begeben, sodass relevante gesundheitliche Nachteile entstanden sind. Genau dies wollen wir jetzt auf jeden Fall vermeiden. Keiner sollte seine Gesundheit aufs Spiel setzen!“
Warum kommen die Patienten nicht? Schätzen sie ihren Gesundheitszustand falsch ein und kommen nicht mehr aus Sorge, dass sie die Klinik mit ihrem Fall überlasten oder aus Angst vor Ansteckung mit dem neuen Corona-Virus?
Traska: „Natürlich haben Patienten die nachvollziehbare Sorge, sich anstecken zu können. Daher testen wir schon seit Monaten im Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal sämtlich aufzunehmende Patienten. Auch die Notaufnahmen führen ein stringentes Hygieneregime und können damit sicher das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich halten. Anders als zum Beispiel beim Besuch im Supermarkt wissen wir ziemlich genau, welche unserer Patienten ein hohes Infektionsrisiko besitzen und welche nicht.“
Ist die Angst der Menschen vor einer Ansteckung nicht aber doch berechtigt? Immerhin liegen ja auch Covid-19-Patienten im Krankenhaus.
Traska: „Selbstverständlich versorgen wir – ähnlich wie im Frühjahr – jetzt wieder eine deutlich steigende Zahl von Patienten mit Covid-19-Verdacht oder Covid-19-Erkrankung. Dafür haben wir spezielle Quarantäne- und Isoliereinheiten eingerichtet, die es uns ermöglichen, Patienten mit einer Covid-19-Infektion strikt von den Patienten zu trennen, die mit anderen Erkrankungen in unserem Hause betreut werden. Vor allem durch das konsequente Einhalten der Hygienevorgaben und umfangreicher Corona-Testungen ist daher das Risiko einer Queransteckung deutlich minimiert.“
Wie sieht das Hygiene-Konzept Ihrer Klinik denn konkret aus?
Traska: „In unserem Krankenhaus arbeiten wir nach einem mehrstufigen Hygienekonzept. Abgesehen von den grundsätzlich einzuhaltenden Regeln liegt natürlich ein Fokus auf der Pandemiekontrolle. So sind die Diagnostik- und Behandlungswege von Covid-19-Patienten und anderen Patienten streng getrennt. Alle Patienten, die geplant zu uns kommen (Elektivpatienten), wie auch Notaufnahmen werden getestet. Unsere Mitarbeitenden werden regelmäßig geschult und überprüft. Selbstverständlich sind auch die entsprechenden logistischen, apparativen und räumlichen Abläufe, etwa auf der Intensivstation bei beatmeten Corona-Patienten, so angepasst worden, dass der maximale Sicherheitsstandard erreicht wird.Unsere Besuchsregelung passen wir darüber hinaus in Absprache mit der Stadt und den anderen Wuppertaler Krankenhäusern laufend an, um unseren Patienten und Mitarbeitenden die größtmögliche Sicherheit zu bieten.“
Wann ist man denn ein echter Notfall für die Ambulanz? Und wann sollte ein geplanter Termin für eine Operation doch lieber abgesagt werden?
Traska: „Auch in diesen Zeiten führt zum Beispiel nach einer relevanten Verletzung oder einem Unfall der Weg weiterhin direkt in die Notaufnahme. Auch wer an Luftnot, Brustschmerzen, Bauchschmerzen oder Vergleichbarem leidet, gehört ebenfalls unverzüglich in ärztliche Behandlung. Bei Beschwerden, die auf einen Schlaganfall hindeuten könnten, wie zum Beispiel plötzliche Lähmungen, Schwäche von Gliedmaßen, Taubheitsgefühl, Gesichtslähmungen, Sprachstörungen, gilt es ebenso, auf gar keinen Fall Zeit zu verlieren. Ein geplanter OP-Termin wird in der Regel einhaltbar sein, im Zweifel besprechen wir selber mit den Patienten, unter Berücksichtigung des Risikoprofils und der Situation vor Ort, wann der optimale Zeitpunkt für eine Operation sein wird.“