ESC-Blog des Wuppertaler Musikexperten Peter Bergener Eine Frau mit Musik im Blut

Wuppertal / Rotterdam · Ilse DeLange gehört zweifellos zum aktuell besten Musikexport aus den Niederlanden. Bereits am 26. April schrieb ich einen Artikel über die Künstlerin, ihre neue Single „Changes“ sowie ihre Teilnahme an der zurzeit auf Vox laufenden Sendung „Sing meinen Song - Das Tauschkonzert“.

 Ilse DeLange bei einer Pressekonferenz.

Ilse DeLange bei einer Pressekonferenz.

Foto: Bergener

Vieles könnte man im Mai 2020 über diese Sängerin berichten, denn außer ihrer glanzvollen Teilnahme bei der „Sing meinen Song“-Sendung hat sie am 15. Mai ihr sehr gefühlvolles Album „Changes“ veröffentlicht und dann mit der Auskoppelung der gleichnamigen Single beim „Free ESC“ am vergangenen Samstag einen hervorragenden zweiten Platz hinter Nico Santos belegt. Eigentlich war zur Veröffentlichung des Albums ein Treffen für ein Interview geplant, das jedoch leider aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht persönlich stattfinden konnte. Aber das Management arrangierte ein Telefoninterview für die Wuppertaler Rundschau. 30 Minuten konnte ich Ilse telefonisch alles fragen, was mir am Herzen lag. Und eines vorweg: Ich hatte direkt das Gefühl bei der ersten Begrüßung, als ob ich sie schon ewig kenne. Eine unglaublich sympathische Frau mit Musik im Blut, die alles widerspiegelt, was ich an den Niederländern mag.

Ilse war übrigens überaus erfreut, dass ich sie in den ersten Minuten mit meinen Niederländisch-Kenntnissen „überzeugte“. Ich hatte mich auf Rotterdam 2020 ja bereits sprachlich sehr gut vorbereitet und mein gesamtes Niederländisch, das ich ursprünglich bei dem Wuppertaler Traditionsunternehmen ENKA (vormals Glanzstoff) in den 90er Jahren erlernt hatte, wieder hervorgeholt. Ilse meinte, dass ich das sehr gut beherrsche. Wir haben das Interview in einem Mix aus Deutsch und Niederländisch und ein paar Worten Englisch fortgeführt. Ganz im Sinne also der Eurovision und im europäischen Gedanken. Apropos Eurovision! Auch Ilse hat mit ihrer Familie in ihrer Kindheit bereits die Eurovision gesehen und bei Chips und Cola zu Hause in Almelo enthusiastisch die Auftritte verfolgt. Vor allem hat sie das Live-Orchester geliebt.

Sängerin wollte sie immer schon werden. Es gelang ihr mit großem Erfolg: Immerhin wurde sie seit 1998 in den Niederlanden durchgängig mit Gold und Platin ausgezeichnet. Das Interesse für die Eurovision verließ sie einige Zeit, was auch am nicht vorhandenen Orchester lag, aber auch, dass es beim ESC eher um „Show“ ging als um die echte Musik. Das änderte sich schlagartig, als die eigenwillige Sängerin Anouk die Niederlande 2013 mit dem nicht typischen Lied „Birds“ für Aufsehen sorgte und nach Jahren der schlechten niederländischen ESC-Ergebnissen eine Top-10-Platzierung erreichte.

Bereits da gab es schon das Duo „The Common Linnets“ mit Ilse DeLange und ihrem musikalischen Partner"Waylon. Ilse spürte durch Anouk eine Inspiration, doch mal beim ESC mitzumachen, und ging mit ihrem Partner ein Risiko ein. Sie vertraten in Kopenhagen 2014 Niederlande beim ESC. Und das hatte sich sowas von gelohnt, denn das Lied „Calm after the storm“ erreichte einen hervorragenden zweiten Platz hinter der Siegerin Conchita Wurst aus Österreich. Das Lied wurde ein Hit in ganz Europa. Doch "calm after the storm". Von wegen, denn jetzt ist Ilse bei „Sing meinen Song“ sehr erfolgreich.

Ich habe sie gefragt, welche Erfahrungen sie bei der VOX-Sendung gemacht hat. Darauf antwortete sie, dass sie das erste Mal in ihrem Leben in Südafrika war. Als die Reise losging, fühlte sie sich noch etwas schüchtern, denn sie kannte keinen der Künstler vorher persönlich, sei es Nico Santos, Max Giesinger oder auch Michael Patrick Kelly. Sie habe sich ein bisschen wie ein kleines Kind gefühlt, das auf eine neue Schule geht und hofft, dass die neue Umgebung ihr gut tut und alle nett zueinander sind. Doch dieses Gefühl verschwand bereits nach einer Minute beim Kennenlernen, schilderte Ilse, denn alle Künstler waren so warm, so positiv und so authentisch. Dieser unglaubliche Verbund sei eine derart wunderschöne Zeit und ein Erlebnis, dass sie nie mehr missen möchte. Wie eine große Familie hat auf jeden Fall Freunde fürs Leben dort gefunden.

 Peter Bergener während des Telefoninterviews.

Peter Bergener während des Telefoninterviews.

Foto: Dirk Lüsenbring

Auch sprachen wir noch einige Minuten über ihr neues Album und die Lieder mit den verschiedensten Themen und Gefühlen. Ihr neuer Song „Changes“ passt ja sehr gut in die Zeit von Corona, aber der Text war bereits geschrieben, da gab es noch nicht die Pandemie. Ein Lied, welches zu uns allen passt, mal „Änderungen“ zuzulassen, mal aus der Komfortzone heraustreten.

„We've got to make changes, even if they change us“ – und wie wahr, wenn Ilse in dem Lied singt: „Ich muss mich dem Regen stellen, bevor die Wolken verschwunden sind, es gibt keinen blauen Himmel ohne einen Sturm.“ Wow, wie lyrisch - dank je wel - das werde ich mir merken! Dann erzählte ich Ilse, dass ich noch zwei weitere Lieder auf dem Album liebe, einmal das „Flow“ und dann vor allem die Ballade „Homesick“, die ich in laufender Rotation hören könnte. Dieses Lied von Heimweh schrieb sie, da man ja als Künstler viel unterwegs ist. Es werde einem bewusst, wie schön es zu Hause ist. Sie erzählte, dass ihr Bruder ihr überraschend geschrieben hatte, dass er sich an ihre Kindheit erinnert hat, und das hat Ilse so sehr berührt und war die Inspiration zu dieser genialen, innigen Piano-Ballade „Homesick“.

Ach, Ilse, wie schnell doch die Zeit rast, denn fast waren da schon 30 Minuten um und ich hatte noch zwei Fragen. Einmal wollte ich gerne wissen, wer sie musikalisch am meisten inspiriert hat. Darauf kam prompt die Antwort, die man sich hätte denken können, denn es war Dolly Parton. Aber nicht nur musikalisch, sondern auch die ganze Art, wie sie ihr Leben meistert und immer auch einen Witz parat hat. Ihr größter Wunsch wäre es einmal, Dolly Parton mal persönlich kennen zu lernen. Ja, und dann musste ich lachen, liebe Ilse, sagte ich, Du wirst es nicht glauben, aber das war meine letzte Frage nach Deinem größten Wunsch und Du hast sie schon beantwortet. So blieb mir nur noch ein „dank je wel“ und „tot ziens en success“ für die sehr talentierte Sängerin. Sie versprach mir am Telefon, dass wir uns bestimmt irgendwann mal persönlich treffen und dann spreek ik nog meer Nederlands met Ilse. Groetjes von ihr an alle Wuppertaler und tot volgend jaar, denn News vom ESC 2021 gibt es auch: Es wird Rotterdam 2021!

Ich hoffe, ihr habt mein Erlebnis mit Ilse DeLange am Telefon genossen, Ich sende Euch viele musikalische Grüße, Euer Euro-Music-Peter!

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