Was man kennt von der klassischen Einheit von Zeit, Handlung, Ort – einfach vergessen! Zu Hause beim (männlich besetzten) Ehepaar Smith, wo es eine Hausangestellte gibt, dann das Ehepaar Martin sowie wenig später ein Feuerwehrhauptmann auftauchen, geht’s anders zu. Auf blauer Bühne mit riesigem Schwan und in schräg-schrillen Kostümen (beides Jenny Schleif – plus Applaus für die absonderlichen Frisuren!) entfaltet sich ein abendlicher Alltag, der die Sprache seziert, bloßlegt und dem Publikum live vor Augen führt, aus welchem Unsinn unser aller Unterhaltungen oft bestehen.
Alexander Peiler, Konstantin Rickert, Kevin Wilke und Julia Wolff sind die beide Ehepaare, deren Untergang im sprachlichen Absurdistan-Strudel man fassungslos und höchst amüsiert folgt. Sie ergänzen sich prächtig, sprudeln vor Spielfreude – und bewältigen einen Text, der mehr und mehr keiner Regelhaftigkeit mehr folgt. Besonders stark dabei Luise Kinner als Dienstmädchen und Feuerwehrmann: Nicht, dass sie die anderen an die Wand spielt – aber doch fast. Zum Beispiel als Trompeterin. Und ihre minutenlang erzählte Geschichte „Der Schnupfen“ gehört zum Verrücktesten, was man seit langer Zeit gehört hat. Luise Kinner bringt das mit begeisterndem Vollgas.
Nicht zu vergessen übrigens: Stefan Walz im Pailletten-Dress als „kahle Sängerin“ – eine Rolle, die es im Original gar nicht gibt. Er pfeift, zählt Jahre und Minuten, philosophiert und rockt mit der Gitarre.
Was das alles soll? Gute Frage. Sprache ist das, womit wir unsere Welt beschreiben, strukturieren, zusammenhalten. Wenn sie ihren Zusammenhang, Zusammenhalt verliert, gibt’s keinen Boden unter den Füßen mehr. Optimal zu erleben, wenn zum Schluss die Ehepaare im Smalltalk-Abgrund versinken. Oder anders ausgedrückt: Über die vier lebensgroßen Enten, zu denen das Smith-Martin-Quartett mutiert, freuen sich zwei Jäger.
Ein abstruser Abend auf hohem Sprech- und Spielniveau. Absurd eben. Wie das Leben. Daumen hoch für dieses Wagnis.