Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Mit dem klugen Telefon strömen

Wuppertal · Neulich hat unser Oberbürgermeister auf Instagram einen Überblick über die Beschlüsse der jüngsten Sitzung des Stadtrats gegeben. Allerdings nannte er das nicht Zusammenfassung, sondern „wrap-up“. Das finde ich erstaunlich, weil ich Wraps bisher nur mit Thunfisch und nicht mit Ratssitzungen kannte.

Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Wenn er Oberbürgermeister in Italien wäre, könnte so ein Ausflug ins Englische demnächst ziemlich teuer werden. Die rechtspopulistische italienische Ministerpräsidentin Meloni, die mit Blick auf ihre politische Haltung besser Banani heißen würde, will nämlich die Verwendung von Anglizismen in öffentlichen Verlautbarungen künftig unter Strafe stellen. Wer Sätze mit Worten wie „wrap-up“ postet, müsste dann bis zu 100.000 Euro Strafe zahlen, weil sie laut Frau Meloni die italienische Sprache erniedrigen und demütigen.

Nun bin ich selbst ja durchaus der Meinung, dass wir auch in Deutschland nicht jeden wichtigtuerischen Anglizismus übernehmen müssen. Bei mir heißt der Facility Manager immer noch Hausmeister und ich rufe auch nicht bei den Human Resources, sondern bei der Personalabteilung an. Aber man kann es mit Italien- oder Deutschtümelei auch übertreiben. Lebendige Sprache lebt schließlich nicht zuletzt davon, dass sie fremde Ausdrücke integriert. Zumal es für viele keine passende Übersetzung gibt.

Stellen Sie sich zum Beispiel mal vor, Frau Meloni wäre Deutsche und wollte ihre Muttersprache vor bösen Feinden beschützen. Undenkbar wären dann zeitgemäße Sätze wie dieser: „Ich bin gerade noch mit dem Smartphone online gegangen und will mir einen Thriller streamen.“ Er müsste in Zukunft stattdessen ungefähr so lauten: „Ich bin gerade noch mit dem klugen Telefon auf die Linie gegangen, um mir einen Reißer zu strömen.“ Sie werden unmittelbar erkennen, dass sich diese Version in der Praxis eher nicht durchsetzen dürfte.

Überhaupt wird es im Sprach-Alltag ohne Englisch-Importe schwierig. Nehmen Sie mal folgenden typischen Dialog unter Freundinnen: „Wow, cooles Outfit. Ist das neu?“ – „Ja, das Twin-Set habe ich bei eBay geschossen.“ – „Echt cute, du bist voll der Styler.“ Rechtspopulistisch optimiert müssten die Damen sich so unterhalten: „Ui, kühle Ausstattung. Ist die neu?“ – „Ja, den Zwllings-Satz habe ich bei der Elektrobucht käuflich erworben.“ – „Echt süß, du bist voll der Modezeichner.“

Das hört sich genau genommen etwas bemüht an und beweist, dass es Begriffe gibt, für die es keinen brauchbaren einheimischen Ersatz gibt. Oder wissen Sie vielleicht, was „Leggings“ auf Deutsch heißt? Ich würde das mit „Plastik-Beinsaitling, der niemandem steht, den aber trotzdem alle anhaben“ übersetzen, was sprachlebenspraktisch eher ungeschmeidig ist.

Besonders schwierig wird es dann auch für die deutschen Musikfans. Schon lapidare Sätze wie „Ich bin Rock‘n‘Roll-Fan, meine Lieblingsband sind die Red Hot Chili Peppers, aber die Sex Pistols fand ich auch gut“ werfen riesige Probleme auf. Das müsste ja heißen: „Ich bin Anhänger von Wiegen und Wälzen, meine Lieblingsmusikkapelle sind die roten heißen Chili-Paprika, aber die Geschlechtsverkehr-Handfeuerwaffen fand ich auch gut.“ Das klingt irgendwie nicht mehr nach Rock‘n‘Roll ...

Ich habe ja mal gehört, dass sich seinerzeit auch die Nazis bemüht haben, ausländische Wörter aus der deutschen Sprache zu verbannen und zum Beispiel die Banane in Schnabelfrucht umbenennen wollten. Das hat sich zum Glück genauso wenig durchgesetzt wie der Nationalsozialismus. Sonst hätten wir jetzt auch eine deutsche Frau Meloni und müssten zur Papaya wahrscheinlich Vaterzustimmung sagen ...

Bis die Tage!

P.S: Noch ein kleiner Tipp, falls Sie am Montag Zeit haben und im Fernsehen auch nichts kommt: Am Montag, 17. April, lese ich um 18 Uhr als Gast im Programm der Katholischen Familienbildungsstätte Wuppertal und der Kolpingfamilie ausgewählte Rundschau-Glossen im Pfarrzentrum St. Antonius an der Bernhard-Letterhaus-Straße 10 direkt hinter dem Alten Markt. Ein Stündchen lang gibt‘s lustige Wuppertal-Geschichten, danach kann man mich auch noch was fragen. Der Eintritt ist frei, es wird nur um Anmeldung unter Telefon 0202 / 255058-0 oder per E-Mail an anmeldung@fbs-wuppertal.de gebeten.

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