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Nach Toreschluss - die Wochenendsatire: Hässliche Schwebebahn?

Nach Toreschluss - die Wochenendsatire : Hässliche Schwebebahn?

Wenn Sie schon mal im Internet unterwegs sind, werden Sie das kennen: Auf allen möglichen Webseiten werden da gerne Fotos mit dollen Schlagzeilen eingeblendet, auf die man ob ihres reißerischen Inhalts eigentlich sofort klicken müsste.

Also sowas wie: „Herrchen streichelt Hund – unfassbar, was im nächsten Moment passiert.“ Oder: „Was die Energieversorger verheimlichen: So einfach macht man Strom aus alten Socken.“ Oder: „Miss Piggy war das schönste Schwein der Welt. Erschütternd, wie sie heute aussieht.“

Offensichtlich stecken unsere Computer also voll von winzigen Programmierern, die diesen Mumpitz rund um die Uhr auf uns abfeuern. Denn natürlich stecken hinter den dollen Schlagzeilen keine Nachrichten, sondern nur Klicksammler und Werbung. Der Hund leckt daher seinem Herrchen einfach die Hand, der Strom kommt dann doch nicht aus Socken, sondern aus Bulgarien, und Miss Piggy ist eine Leberwurst ...

Vorgestern entdeckte ich aber zwischen „Dieser Trick macht die Beerdigung kostenlos“ und „Hätten Sie gedacht, mit wem Harry Potter fremd ging?“ eine Einblendung, die mich wirklich fassungslos machte: Sie trug die Überschrift „Die 27 hässlichsten Städte Deutschlands“ und war bebildert mit einem Foto der Schwebebahn. Diesem Skandal musste ich natürlich auf den Grund gehen und klickte rein. Dabei landete ich auf einem sicher zu Recht vollkommen unbekannten und erfolglosen Portal namens meineorte.com, das tatsächlich ein Ranking der angeblich hässlichsten Städte Deutschlands gebildet hatte.

  • Roderich Trapp.
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  • von
Roderich
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Und zwar nach streng wissenschaftlichen Kriterien, die von den Erstellern so zusammengefasst werden: „Was macht eine schöne Stadt aus? Das ist eine Frage, die sich wohl nur subjektiv beantworten lässt. Dementsprechend weit gehen die Meinungen auseinander.“ Deshalb habe man Meinungen aus Internetforen und Artikeln zusammengetragen, um die Rangliste zu bilden.

Wuppertal landet dabei mit folgender Begründung auf Platz 20: „Wuppertal ist nicht nur eine der regenreichsten Städte des Landes, sie verfügt auch über eine ‚Schwebebahn‘, die ein wenig aussieht, als habe sie ihre besten Tage schon hinter sich. Abgerundet durch ein paar Bauruinen behaupten viele Menschen, Wuppertal sei also wirklich nicht die schönste Stadt, die man in Deutschland besuchen kann.“

Über diese Kurzbeschreibung unserer Heimat staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Denn wenn die Schwebebahn etwas kann, dann ja wohl für ihr Alter sehr gut aussehen (von Fahren war hier nicht die Rede). Dass die Schwebebahn höchst modern wirkt, kann man auf dem dazu veröffentlichten Foto der aktuellen hellblauen Wagengeneration am frisch gestrichenen Gerüst eigentlich auch ganz gut erkennen. Und auf dem Bild sind im Übrigen auch keine Bauruinen, sondern ausschließlich Neubauten am Wall zu sehen. Möglicherweise hatte der Ersteller der Wuppertal-Kurzbeschreibung ja die neuartigen, von Optikern boykottierten Augentropfen genommen, die laut ähnlicher Internet-Anreißer das Tragen von Brillen komplett überflüssig machen...

Wir können uns aber damit trösten, dass andere Städte in der Rangliste noch viel schlechter wegkommen. Zum Beispiel Leipzig: „Enge verstopfte Straßen, Plattenbauten, jede Menge Beton und nicht mal im Zoo wirklich viel Grün“, zitiert meineorte.com das Internet und setzt Leipzig deutlich vor Wuppertal auf Platz 12 der hässlichsten Städte Deutschlands. Das finde ich eher überraschend. Als ich zuletzt in Leipzig war, hatte ich eigentlich eher den Eindruck, alle meine Solidaritätszuschläge wären im Wesentlichen in das dortige Stadtbild geflossen.

Possierlich finde ich, dass meineorte.com sich selbst als „Platz für Reisen, Urlaub, Restaurants und Sehenswertes“ definiert. Da sind die 27 hässlichsten Städte Deutschlands ja ideale Empfehlungen. Ich habe daraufhin ein Ranking der überflüssigsten Internetseiten Deutschlands erstellt. Die Nummer eins haben Sie gerade kennengelernt ...

Bis die Tage!