Wuppertaler Gebäudemanagement Finanzlücke von rund 100 Millionen Euro

Wuppertal · Für die von 2023 bis 2027 geplanten städtischen Bau- und Sanierungsprojekte steigt der prognostizierte Finanzbedarf um weitere knapp 100 Millionen Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Unternehmensberatung Deloitte.

 Oberbürgermeister Prof. Uwe Schneidewind.

Oberbürgermeister Prof. Uwe Schneidewind.

Foto: Christoph Petersen

Die Berater haben im Auftrag der Stadt die künftigen Planungs- und Baukosten bewertet und dabei unter anderen Faktoren eine vom GMW einkalkulierte jährliche Baukostenerhöhung von 8,5 Prozent bestätigt.

Bereits im Frühjahr hatten GMW und Verwaltung eine Priorisierung der Bauprojekte für die kommenden Jahre nach Planungsstand, Risiken und auch erwarteter Förderung in sechs Pakete vorgenommen. Die jetzt geschätzten Gesamtkosten der Maßnahmen der Pakete 1 bis 4 belaufen sich im Zeitraum von 2023 bis 2027 auf 560 Millionen Euro.

Davon entfällt der größte Anteil auf das Jahr 2026. Zu ihrer Finanzierung stehen aktuell 489 Millionen Euro zur Verfügung. Die prognostizierte Finanzierungslücke tritt also ab dem Jahr 2025 und vor allem im Jahr 2026 auf. Werden weitere Maßnahmen-Pakete (5 und 6) mit pauschalen Planungsansätzen von 27,5 Millionen Euro einbezogen, erhöht sich diese Finanzierungslücke ab 2025 auf einen Betrag von 98,5 Millionen Euro.

Mehr Geld für den Werterhalt der städtischen Gebäude

Wesentliche Ursache für den Mehrbedarf mit einem Anteil von 60 Millionen Euro sei eine Entwicklung im Bereich der Förderprogramme für städtische Gebäude, heißt es aus dem Rathaus: In der Vergangenheit konnte das GMW demnach Eigenmittel aus der Bauunterhaltung teilweise für neue Projekte einsetzen, weil durch umfassende Förderprogramme vor allem für Schulbau und -sanierung auch Unterhaltungsaufwand im Rahmen der Gesamtprojekte mit abgedeckt wurde. Da solche Programme aktuell nicht mehr aufgelegt werden, müssen künftig diese Eigenmittel des GMW wieder komplett in die bauliche Unterhaltung des städtischen Gebäudebestandes fließen.

„Mit dieser klaren Trennung von Investition und Bauunterhaltung soll das Gebäudemanagement wirtschaftlich stabilisiert werden, denn die von den städtischen Leistungseinheiten bezahlten Mieten reichen für die Unterhaltung nicht aus. Gleichzeitig gelten für alle Gewerke der Bauunterhaltung die gleichen erschwerten Bedingungen wie im Bau, vor allem machen sich auch hier deutliche Kostensteigerungen bemerkbar“, so die Verwaltung.

Verwaltungsvorstand schlägt abgestuftes Verfahren vor

Weil Steuer-, Inflations- und Konjunktur-Entwicklungen wie auch die Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine „aktuell sehr schwierig zu prognostizieren“ seien, schlägt der Verwaltungsvorstand der Politik ein abgestuftes Verfahren zur Entscheidung über die künftigen Investitionen vor. Zunächst sollen die bereits für 2023 geplanten und finanzierten Projekte realisiert werden, sofern auch die notwendigen Durchführungsbeschlüsse im finanziellen Rahmen bleiben. Über alle weiteren Maßnahmen soll erst mit der Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2024 entschieden werden.

Fortgeführt werden Projekte, die bereits im Bau sind, oder die mit erheblichen Fördermitteln realisiert werden. Dazu gehören etwa die Grundschule Haselrain, die Bühnentechnik des Opernhauses oder das Freibad Mählersbeck; ebenso notwendige Bauunterhaltungsmaßnahmen, auch wenn in diesem Bereich ebenfalls mit gewaltigen Preisanstiegen gekämpft wird.

Priorisiert würden außerdem Projekte, die zwingend umgesetzt werden müssen (Gebäude Giebel des Ressorts Grünflächen und Forsten aus Gründen des Arbeitsschutzes), die mit hohen Förderzusagen hinterlegt sind (Pina-Bausch-Zentrum) oder die sich mittelfristig durch Energieeinsparung amortisieren (Energetische Sanierung Zoo-Gebäude). „Alleine um die Projekte dieses ersten Paketes umsetzen zu können, sind zusätzliche Kredite in Höhe von 20 Millionen Euro erforderlich, die den Ergebnishaushalt entsprechend belasten“, rechnet das Rathaus vor.

Planungsgrundlagen bundesweit unwägbar

Oberbürgermeister Uwe Schneidewind: „Die Berater bestätigen uns darin, dass die unsicheren Rahmenbedingungen unsere Planungen extrem unwägbar machen. Das trifft alle Kommunen gleichermaßen. Steigende Energiepreise, ein immer noch anziehender Baukosten-Index, Engpässe bei Lieferketten und Handwerksfirmen, steigende Zinsen, Inflation und unklare bundespolitische Vorgaben zur Förderung der Energieeffizienz bei Gebäuden – die Hürden für kommunales Bauen liegen aktuell extrem hoch. Dazu kommt das frühe Planungsstadium von rund 70 Prozent der Maßnahmen. Daher muss es weiterhin unser Ziel sein, durch eng kontrollierte Steuerung auf Sicht diese schwierige Phase möglichst schadlos zu überstehen.“

Allen Beteiligten sei klar, dass die Aussetzung von weiteren Durchführungsbeschlüssen insbesondere für den von Rat und Verwaltung einhellig priorisierten Bildungs- und Betreuungsbereich und die Feuerwehr-Projekte erneut Enttäuschungen bedeute.

Planungshoheit und Handlungsfähigkeit wiedergewinnen

Die besonderen Herausforderungen bei der Einbringung der Entscheidungsgrundlagen angesichts der aktuellen Entwicklungen betont auch Stadtdirektor Johannes Slawig: „Die Gesamtbedingungen führen dazu, dass aktuell nur die laufenden Baumaßnahmen fortgeführt und deren Finanzierung für das nächste Jahr 2023 gesichert werden können, ebenso Planungskosten für dringende Baumaßnahmen, für die Durchführungsbeschlüsse in 2023 anstehen. Die Planung aller anderen Maßnahmen sowie deren Finanzierung sollen dann zusammen mit der nächsten Haushaltsplanung 2024 entschieden werden.“ Bis dahin müsse eine Konsolidierung der Planungsgrundlagen geleistet werden.

Mit den aktuell laufenden Projekten bearbeite das GMW ein Planungs- und Bauvolumen von 100 Millionen Euro pro Jahr und bewege sich damit angesichts explodierender Preise am absoluten Limit der Finanzierbarkeit. „Viele Entscheidungen müssen zurückgestellt werden, so bitter das für die Betroffenen ist. Das schlimmste Szenario wären Baustopps oder Zahlungsunfähigkeit mitten in der Realisierung“, so Schneidewind und Slawig.

In den kommenden Monaten müsse es weiterhin das Ziel sein, Planungshoheit und Handlungsfähigkeit wieder zu gewinnen. Beide versprachen, dass die konkreten Projektierungen vorgenommen würden, sobald eine relative Gewissheit über Eckdaten und Rahmenbedingungen zurückgekehrt sei: „Wenn keine verlässlichen Entscheidungsgrundlagen vorhanden sind, bleibt es ein guter Rat, das Abflauen der Turbulenzen abzuwarten und dann den Kurs wiederaufzunehmen.“

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