Enttäuschte Liebe, lohnende Abende

Wuppertal · Ein ganz persönlicher Rückblick auf die vergangene Wuppertaler Opern(-Haus)-Saison des Opern-Kritikers der Wuppertaler Rundschau.

 Ein echter Wuppertaler Opernhöhepunkt war die Inszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ — hier mit Josef Wagner in der Titelrolle und Hye-Soo Sonn als Leporello.

Ein echter Wuppertaler Opernhöhepunkt war die Inszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ — hier mit Josef Wagner in der Titelrolle und Hye-Soo Sonn als Leporello.

Foto: Uwe Stratmann

Kaum hatte die Intendanz von Toshiyuki Kamioka begonnen, da warf der Japaner die Brocken auch schon wieder hin. Angetreten, um als Lichtgestalt der Wuppertaler Kulturszene alles besser zu machen (was für ihn bedeutete: dem Ensemble zu kündigen und fortan nur mit Gastsängern zu arbeiten), sah sich der langjährige Chefdirigent des Sinfonieorchesters plötzlich harscher Kritik von allen Seiten ausgesetzt. Man mag nicht recht glauben, dass der Wunsch nach mehr Zeit für Dirigate in seiner japanischen Heimat der wahre Grund für die Kündigung war, so etwas lässt sich im Normalfall verhandeln. Da geht wohl jemand aus enttäuschter Liebe.

Dabei steht die Oper künstlerisch gar nicht so schlecht dar. Puccinis "Tosca" kam zum Auftakt der Saison in eindrucksvoll düsteren, großformatigen Bildern daher. Mozarts "Don Giovanni", von manchem vorschnell als konzertante Aufführung verspottet, weil das Bühnenbild auf eine Zirkusmanege reduziert war, gehörte im Hinblick auf Spielwitz und detaillierter Personenregie zum Besten weit und breit.

Trefflich streiten ließ sich über Thilo Reinhardts "Parsifal", der als Blauhelm-Soldat die Welt retten musste. Mich hat das nicht überzeugt, aber ein lebendiges Theater braucht eben auch solche Abende, über die man diskutieren kann — und soll.

Michiel Dijkema versöhnte mit einer rätselhaft-schönen "Salome". Und zum Saisonabschluss gelang dann unerwartet noch ein besonderer Coup mit Bachs "Johannespassion" in einer nachdenklich stimmenden, sehr aktuellen szenischen Deutung von Philipp Harnoncourt und dem hauseigenen Opernchor als überragendem Hauptdarsteller.

Daneben gab es als amüsante Oper für die ganze Familie eine verspielte "Alice im Wunderland" und Wiederaufnahmen von "Barbier von Sevilla" und "Hänsel und Gretel", den beiden besten und immer noch sehenswerten Inszenierungen von Kamiokas Intendanten-Vorgänger Johannes Weigand.
Was zwischen so vielen Highlights fehlte, das war eine interessante Wiederentdeckung, wie es sie unter Weigand immer wieder gab — oder ein moderneres Stück als Kontrast.

Das sängerische Niveau war durchgehend gut, mit Darstellern wie etwa Josef Wagner (Don Giovanni), Tilman Unger (Parsifal) oder Katrin Göring (Kundry in "Parsifal") sogar außerordentlich hoch. Da ging das Konzept, auf Gastsänger zu setzen, durchaus auf. Dagegen blieb ausgerechnet Kamioka als Dirigent von "Tosca" und "Parsifal" hinter den Erwartungen zurück.

Kein Opernabend, der den Besuch nicht gelohnt hätte — das ist doch eine sehr ordentliche Bilanz. Und doch blieben allzu oft (viele) Plätze leer. Der Plan, mit vermeintlich populären Stücken für ein dauerhaft gut gefülltes Opernhaus zu sorgen, ging offenbar nicht auf. An der Qualität hat es nicht gelegen.

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