Aus dem Tagebuch der Redaktion Weißte noch? Natürlich!

Das Internet weiß alles. Aber die Rundschau-Leser wissen mehr. Das ist mir klar, seit ich aus einer Lauf-Laune auf der Trasse heraus unsere Serie "Weißte noch?" erfunden habe.

 Rundschau-Redakteur Stefan Seitz

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz

Foto: Bettina Osswald

Damals dachte ich, ich müsste die nahe dem Rotter Tunnel weithin sichtbare historische "WINÜ"-Fassadenreklame fotografieren — und mal was über alte Werbungen machen, die heute noch zu sehen sind. Gestartet haben wir die Serie mit einer alten Bremme-Bier-Werbung — und von da an ging's rund. Unsere Leser sind großartig: Quer durch die ganze Stadt waren und sind sie ununterbrochen unterwegs, um uns alte Relikte zu mailen, die man offenbar immer noch haufenweise finden kann.

Aus dem Tagebuch der Redaktion: Weißte noch? Natürlich!
Foto: privat

In Sachen "WINÜ" (wir haben das Foto am 12. September 2015 veröffentlicht) ist jetzt klar: Es geht um die Firma Wilhelm Nüchel, die Farben, Glas, Lacke und Tapeten verkaufte. Sie war nach dem Krieg unten in der Barmer Innenstadt zu Hause — und hatte auch eine Filiale auf dem Rott. Ingrid Schneider schreibt dazu: "Ich habe in dieser Firma meine Ausbildung gemacht. Dort wurden Farben, Tapeten, Teppiche verkauft. In dem kleinen Gebäude am Rott war die Glasabteilung angesiedelt. Dort wurden Flachglas, Bau- und Schaufensterglas verkauft. Es gab auch noch eine kleine Außenstelle in Haan. In meinem Zeugnis steht im Briefkopf, 'neben Per.-Bhf. Heubruch'. Ich musste als Lehrling jeden Morgen diverse Aufträge zu Fuß vom Alten Markt zum Rott bringen."

Auch dort gearbeitet hat — als Laufbursche für 40 Pfennig die Stunde — Ulrich König, dessen Tante die Rotter "WINÜ"-Filiale leitete. Und Hans Kolkmann erinnert sich, dass unten in dem Haus, auf dem die Werbung heute noch prangt, das Blumengeschäft Homberg zu finden war. Dieses Ladenlokal steht seit langer Zeit leer.

Weitere informative Mails und gut gelaunte Anrufe gab es von Lilo Hesse, Michael Schmitz, Doris Schindel, Karl-Heinz Hollerbach, Heike und Herbert Grüter, Klaus Enners, Arnold Jahn (sehr, sehr ausführlich!) sowie Klaus und Gardy Laubert.

Diesen beiden übrigens — Klaus Laubert und seiner Frau Gardy — muss man noch ganz besonders danken: Bei ihrer "Foto-Jagd" auf die zwar schon stark verwitterte, aber doch noch lesbare Fassaden-Werbung mit dem aus gelb-roten Ziegeln gemauerten Text "Grümer und Neu Seifen Fabrik Barmen" (kleines Foto), die sie von weitem am Höfen in Oberbarmen entdeckt hatten, sind sie ganz schön tief in die Wuppertaler Wildnis eingetaucht: Die Wand mit dem Schriftzug liegt zur Bahnstrecke hin — über ein angrenzendes Gelände und über einen Lehmberg erreichten die Lauberts schließlich den Gleiskörper, wo, wie sie schreiben "die Fernzüge an uns vorbeidonnerten." Auf dem engen Seitensteifen und an Sträuchern vorbei konnte — aus sehr kurzer Entfernung — das ersehnte Bild gemacht werden. Das nenne ich Einsatz: Unsere Leser sind einfach großartig!

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