Nach Toreschluss – die Wochenendsatire Sieben dunkle Jahre ...

Wuppertal · So, da hätten wir die Fußball-EM also auch aus dem Kopp. Ich hatte ja schon kein gutes Gefühl, als ich las, dass bei den Engländern Ed Sheeran im Trainingsquartier ein paar Liedchen gesungen hat, während die Deutschen Besuch von Peter Maffay bekamen und sich „Über sieben Brücken musst du gehn“ anhören durften. Danach soll Jamal Musiala seinen Kollegen Leroy Sané gefragt haben: „Wer war die alte Frau mit der Warze?“

 Ex-Bundestrainer Joachim Löw.

Ex-Bundestrainer Joachim Löw.

Foto: Thomas Boecker/DFB

Von dem Gesangsvortrag hat sich die Nationalmannschaft bis zum Schlusspfiff des Achtelfinales erkennbar nicht mehr erholt. Erschwerend kam einmal mehr hinzu, dass Jogi Löw auch in seinem letzten Spiel als Bundestrainer weder einen Trainerschein noch die Brille dabei hatte. So dauerte es geschlagene zwölf Minuten, bis er nach dem Führungstreffer der Engländer auswechselte. Wahrscheinlich hat er seinem Demenzbegleiter nicht geglaubt, als der ihm erklärt hat, dass wir jetzt hinten liegen. Dafür spricht auch, dass er als erstes den bekannten Goalgetter Can einwechselte. Der Name Volland war ihm irgendwie gerade nicht eingefallen.

Die Bilanz des letzten Turniers von Jogi Löw fällt also so traurig aus wie Joshua Kimmich nach dem Abpfiff war. Der weinte in Großaufnahme bitterlich, weil er als bester Sechser der Welt in anderthalb Jahren sieben Titel holte und auf dieser Position von keinem Gegenspieler in den Griff zu kriegen war. Ausgeschaltet hat ihn erst Jogi Löw, der ihn auf Rechtsaußen konsequent ins Abseits stellte. Apropos Tränen: Gleich mehrfach wurde gegen Spielende ein kleines Mädchen im Deutschland-Trikot gezeigt, das ebenfalls heulte wie ein Häufchen Elend. Es handelte sich um die Tochter von Diplom-Spielverschlepper Toni Kroos, die bis zum Schluss vergeblich darauf hoffte, noch vor dem Abpfiff adoptiert zu werden.

Noch schlimmer als die Tatsache, dass Jogi Löw von Taktik offensichtlich ungefähr so viel versteht wie Jens Spahn von FFP2-Masken, war seine Hose. Sollte die seltsame Mischung aus Pyjama-Unterteil mit Kordelzug und Bundfaltenbuxe ein offizielles DFB-Kleidungsstück sein, zeigt das deutlich, in welch tragischem Zustand sich Deutschlands größter Sportverband befindet.

Immerhin sind wir Jogi Löw jetzt endlich los. Unser schon nach dem imposanten Vorrunden-Aus bei der WM 2018 hervorgestoßenes Gebet ist damit drei Jahre später endlich erhört worden:
Jogi unser, der du hast verkimmelt,
Gepeiniget hat uns dein Name.
Und führe uns nicht in Verfluchung,
Sondern erlöse uns von dem Dösen ...

Insofern hat rückblickend auch „Über sieben Brücken musst du gehn“, ganz gut gepasst: Denn da heißt es ja in der nächsten Zeile: „sieben dunkle Jahre überstehn“. Das beschreibt ganz gut die Situation deutscher Fußballfans seit der WM 2014. Jogis Nachfolger hat jedenfalls ganz schön was zu flicken.

Gut gefallen hat mir übrigens das einfach umzusetzende Hygienekonzept im Wembley-Stadion. Es gab nämlich ausweislich der Bilder von den Tribünen keins. Nach dieser Aerosol-Orgie, an der bekanntlich mangels Einreisemöglichkeiten praktisch keine DFB-Fans beteiligt waren, könnte es doch noch einen späten Triumph für die Verlierer geben: Ich bin ziemlich sicher, dass Deutschland bei den Inzidenzwerten nach Verlängerung gegen England klar gewinnt ...

Bis die Tage!

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