Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Einen Flunsch ziehen

Wuppertal · Wie ich hörte, waren einige Leser sauer, weil ich frei hatte und deshalb in den letzten Ausgaben an dieser Stelle keine lustigen Hervorbringungen von mir erschienen sind. Das ist verständlich, weil es ja sonst praktisch gar nichts mehr zu lachen gibt.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Außer die deutsche Nationalmannschaft versucht so zu tun, als wollte sie bei der Fußball-WM ein Tor schießen. Aber diese kuriosen Bemühungen haben ja im Schnitt auch nur noch zehn Millionen Menschen angeguckt, die das allerdings ungern zugeben.

Ich kann mir sogar vorstellen, dass der eine oder die andere einen Flunsch gezogen hat, als die Rundschau-Satire fehlte. Für den Fall, dass Sie unter 30 oder zugezogen sind und diesen Wuppertaler Fachbegriff gar nicht kennen, helfe ich gerne: Einen Flunsch ziehen ist so was Ähnliches wie Schmollen unter aktiver Beteiligung der Mundpartie, die sich dabei deutlich in Richtung Erdmittelpunkt verschiebt.

Merken Sie sich das bitte, denn es gibt derzeit ja wirklich außerordentlich viele Gründe, einen Flunsch zu ziehen. „Wo ist die Erderwärmung, wenn man sie mal braucht“, sagen zum Beispiel in diesen Tagen viele Leute, die mehr teure Heizenergie verballern müssen, als ihnen lieb ist, damit sie nicht am Sofa festfrieren. Später ziehen sie dann wieder einen Flunsch, weil so viel Eis auf ihrem Auto festsitzt, dass man damit die Polkappenschmelze auf Jahre kompensieren könnte, wenn sich das Zeug irgendwie in die Arktis transportieren ließe. Da ist es wiederum ganz praktisch, dass große Teile der Bevölkerung sowieso im Bett liegen, weil die eine Hälfte Corona und die andere Grippe hat.

Einen Flunsch ziehen auch die Kranken dann aber spätestens, wenn sie in der Apotheke Medizin holen wollen. In Ermangelung einschlägiger Medikamente, die zusammen mit Facharbeitern und Mikrochips auf rätselhafte Weise verschwunden sind, hilft gegen Fieber derzeit nur noch, es nicht zu messen. Wir haben ja die sehr leistungsfähige Bayer-Pharmaforschung in Wuppertal. Normalerweise suchen die nach neuen Pillen. Aber vielleicht können sie jetzt erst mal erforschen, wo die vorhandenen hin sind ...

Hustend und unter Halsschmerzen einen Flunsch ziehend nähern wir uns also mit riesigen Schritten dem Fest der Liebe, für das alle möglichen Leute auf Geschenklieferungen warten, die nicht vorhandene Paketboten möglichst noch vor Heiligabend nicht rechtzeitig zustellen werden.

Wegen der ganzen Hektik vor den Feiertagen werden wir den Heiligabend mittelfristig ohnehin in Eiligabend umbenennen und dem Weihnachtsmann statt seinem Rentierschlitten einen Renntierschlitten zur Verfügung stellen müssen. Und selbst wenn die Geschenke doch noch rechtzeitig eintreffen, heißt das ja nicht zwangsläufig, dass sie beim zu Beschenkenden auch gut ankommen. Auch hier besteht akute Flunsch-Gefahr.

Besondere Vorsicht sollten Sie bei Geschenken für Kinder walten lassen. Jahrelang wurde hier gerne auf von Pädagogen in mühevoller Handarbeit rundgelutschtes Holzspielzeug gesetzt. Inzwischen ziehen aber immer mehr Kinder einen Flunsch, wenn sie bei der Holzgiraffe aus dem Öko-Zoo den „On“-Knopf nicht finden können ... Bis die Tage!

P.S.: Wenn Sie was gegen die Kälte tun wollen: Am Montag (19. Dezember 2022) bin ich für den guten Zweck von 18 bis 20 Uhr Gast-Aushilfskellner am Lions-Glühweinstand am Döppersberg. Ziehen Sie bitte keinen Flunsch, wenn ich dabei was verschütte.