Nach Toreschluss – die Wochenendsatire Am Döpperszwerg

Wuppertal · Neulich hat mir jemand vorgeschlagen, wir sollten den goldgelben Investoren-Klops am Döppersberg mit Blick auf das Warenangebot drinnen und die Löcher außen am besten „Käskammer“ nennen. Nachdem Primark diese Woche aufgemacht hat, bin ich natürlich auch gleich mal hingegangen, um zu gucken, ob diese ganzen Vorurteile eigentlich stimmen.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Mit bloßem Auge war dabei festzustellen, dass Primark keinen Textil-Einzelhandel, sondern Textil-Massenhandel betreibt. Gleich am Eingang bekommt man nämlich eine Einkaufstüte in der Größe unserer Haushalts-Restmülltonne an die Hand. Möglicherweise reagiert Primark damit augenzwinkernd auf den Vorwurf, man verkaufe Wegwerfmode.

Da an den ersten Tagen auf jedes Billig-T-Shirt mindestens zwei potenzielle Interessenten kamen, konnte ich mich noch nicht wirklich qualifiziert mit dem Angebot auseinandersetzen. Aufgefallen ist mir allerdings, dass an vielen Produkten Warnzettelchen mit Hinweisen in einer Schriftgröße kleben, die nur mit Hilfe von Elektronenmikroskopen zu entziffern sind. Wahrscheinlich stehen da Sachen drauf wie: „Achtung, Artikel kann Spuren von Baumwolle enthalten!“

Aber das Schöne ist ja, dass jeder selbst entscheiden kann, wo er einkaufen möchte. Vorausgesetzt, es sind überhaupt Geschäfte da, was um Primark herum noch nicht so wirklich der Fall ist. Dazu muss man wissen, dass am Döppersberg Investoren aus Irland tätig sind, die das Primark-Haus und die Ladenlokale auf der Geschäftsbrücke gebaut haben. Nun sind Iren ja im wesentlichen als Produzenten von guter Butter und Steuerschlupflöchern, aber weniger als Experten für den Wuppertaler Immobilienmarkt bekannt.

Vielleicht haben sie es deshalb auch immer noch nicht geschafft, die verbleibenden vier großen Geschäftsflächen am Döppersberg zu vermieten. Tatsächlich scheinen die Iren also nur einmal gut verhandelt zu haben – als sie der Stadt Wuppertal die Erlaubnis abgerungen haben, ihren Bronze-Klops 30 Meter nach Westen zu verschieben, damit man ihn nicht aus Versehen übersieht.

Übrigens versprechen die Iren auf ihrer Homepage in der Beschreibung des „City Plaza“ getauften Döppersberg-Projektes „a shopping experience that has never been seen in Wuppertal before“. Sprich: Ein Einkaufserlebnis, das es in Wuppertal noch nie gegeben hat. Stimmt: Bisher konnten wir immer nur in Läden einkaufen, die auch existieren, aber noch nie in welchen, die gar nicht da sind ...

Apropos gar nicht da: Theoretisch gibt es direkt unter Primark auch noch ein Parkhaus. Praktisch aber nicht, weil das keiner betreiben will. Dabei mussten die Iren diese Parkplätze nachweisen, um ihr Primark-Haus überhaupt bauen zu dürfen. Erstaunlicherweise ist es danach aber rechtlich scheinbar völlig egal, ob man diese Parkplätze auch benutzen kann. Nach dieser Logik wäre es übrigens für erfolgreiche Empfängnisverhütung auch nicht mehr nötig, die Pille zu nehmen. Es würde völlig reichen, sie sich verschreiben zu lassen.

Was den Shopping-Erlebniswert von Wuppertals neuer prächtiger Mitte angeht, kommt eines noch erschwerend hinzu: Die beiden Arbeiter und das kleine Schaufelbaggerchen, die die Bundesbahndirektion in ein Outlet-Center mit 65 Geschäften umbauen sollten, sind augenscheinlich langfristig von dem Projekt abgezogen wurden. Der Döppersberg ist damit also aktuell eher noch ein Döpperszwerg.

Das urbane Ensemble erinnert mich deshalb auch ein bisschen an RTL-Dschungelkönigin Evelyn Burdecki: Sieht auf den ersten Blick eigentlich ganz gut aus, hat bei näherer Betrachtung aber doch ziemliche Defizite ...

Bis die Tage!

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