Kein Toresschluss - und doch eine Wochendsatire Der ökologische Rucksack einer Betrachterin

Wuppertal · Da kann man doch mal wieder sehen, was die Rundschau für nachdenkliche Leser hat. Jedenfalls erreichte uns in diesen Tagen eine bemerkenswert launig formulierte Anfrage unseres Leser Reinhard Arens, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.

"Ich wende mich heute an Sie, weil ich ein wichtiges Problem vorbringen möchte. Die Thematik befasst sich mit Gender und und Gendsie und ich meine, alle Leser und Lesie sollten darüber mal nachdenken: Und zwar finde ich es ziemlich ungerecht, dass durch die Genderisierung unserer Sprache plötzlich Frauen viel mehr Buchstaben benutzen müssen, wenn sie sich korrekt beschreiben wollen. Beispiel: Während ein handelsüblicher Leser nur fünf Buchstaben hat, so erfordert eine Leserin davon bereits sieben. Und gegenüber dem Polizist mit immerhin acht Buchstaben benötigt eine Polizistin gleich zehn davon! Und selbst ein Radfahrer mit stattlichen neun Buchstaben wird von der Radfahrerin mit ihren elf locker stehen gelassen! Das ist nicht nur ungerecht, sondern außerdem auch noch unlogisch und sogar unökologisch!

Unökologisch deswegen, weil wir ja Ressourcen sparen sollen. Und dazu gehören natürlich auch Buchstaben, Druckerschwärze, Megabytes, Atemluft und der ganze Rattenschwanz, der da so dran hängt... So gesehen ist also der ökologische Rucksack — sagen wir mal einer Betrachterin (mit 12 Buchstaben) — gleich um 20 Prozent größer als der von einem Betrachter (mit nur 10). Sehr unökologisch. Wenn das die amerikanischen Umweltbehörden wüssten. Die würden uns gleich verklagen.

Es ist aber auch sehr unlogisch. Denn wenn man es recht betrachtet, entsteht ja die Buchstabenverschwendung nur durch einen Gendrifizierungsfehler! Denn wenn man aus einem Zeitungskäufer dadurch eine Zeitungskäuferin machen will, indem man lediglich zwei Buchstaben anhängt, übersieht man ja völlig, dass trotzdem der Käufer — also die männliche Version — noch immer darin steckt! Und welche Frau will das schon? Das wird der Sache nicht gerecht. Gerecht wäre es nach der Devise "Mehr sie, weniger er", den -er, den Käufer, den Kerl, zunächst mal hinauszuwerfen und dann vollständig durch sie (effizient eingekürzt = si) zu ersetzen. So entsteht anstelle der Schreiberin die ökologisch-logisch-faire Schreibsi. Verstehen Sie?

Die vormalige Bürgerin wird praktischerweise zur Bürgsi und ebenso elegant verwandelt sich die altmodische Bürgermeisterin in die moderne Bürgsimeisi. Zum Redakteur gesellt sich die Redaktsi, zum Wanderer die Wandsisi und zum Ruderer die Rudsisi. Dem Altenpfleger wird ebenso die Altenpflegsi zur Seite gestellt wie dem Krankenschwester die Krankenschwesi. Wie wunderbar!

Ich kann Sie nur innig darum bitten, diese neue Methode zu überdenken, für gut zu befinden und dann zunächst in Ihrer Kolumne anzuwenden, später in der ganzen Rundschau und noch etwas später dann in der ganzen Welt. Jeder Schlauberger und jede Schlaubergsi wird da mitmachen!

Im Ernst. Und im Sinst.

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