Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire Ausgebützt?

Wuppertal · "Oh Wuppertal — nur die Wupper löppt normal" ist ja unser diesjähriges Karnevalsmotto. Das würde aber eigentlich besser an den Rhein passen, wo die Profi-Jecken nichts mehr zu Lachen haben: Dort wurde am Freitag in Rheinberg sogar der erste Rosenmontagszug aus Sicherheitsgründen abgesagt.

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Keine Frage: Da sich mittlerweile der halbe Nahe Osten täglich selbst über die ganze Welt verteilt in die Luft sprengt und Menschenansammlungen mit mehr als drei Personen ein Fall für das SEK und die Sittenpolizei sind, fällt der Höhepunkt der Session in eine eher ungünstige Zeit.

Ist es überhaupt noch vorstellbar, in Köln nach den Vorkommnissen an Silvester im Karneval ganz traditionell zu bützen? Das mit geschlossenen Lippen durchgeführte freundschaftliche Küsschen ohne tiefere Bedeutung ist am Rhein zwar eines der wichtigsten närrischen Rituale, aber für in ausländischen Kulturkreisen groß gewordene Menschen möglicherweise ähnlich verstörend wie für Wuppertaler.

Und bei den Kostümen wird die Sache noch diffiziler: Das Comitee Düsseldorfer Carneval will (kein Scherz!) den Jecken laut Rheinischer Post nicht grundsätzlich verbieten, sich als Dschihadist oder Selbstmordattentäter zu verkleiden, sondern setzt auf den gesunden Menschenverstand. An den Verstand von Narren zu appellieren erscheint mir allerdings etwas paradox. Als warnendes Beispiel könnte ihnen immerhin der amerikanische Soldat dienen, der sich für die Halloween-Party auf seinem Stützpunkt in North Carolina als Selbstmordattentäter inklusive nachgemachtem Sprengstoffgürtel verkleidet hatte. Er durfte dann mit dem Bombenräumkommando feiern.

Auch ganz andere Kostüme können übrigens schwer irritieren. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Tomas Geisel ist beispielsweise vorige Woche als Rotlicht-Promi Bert Wollersheim verkleidet zur närrischen Fernsehsitzung gegangen. Bert Wollersheim werden Sie aus zahlreichen hochwertigen TV-Formaten der Abteilung "Die Puff-Profis" oder "Lude sucht Frau" kennen, die Sie selbstverständlich noch nie gesehen haben: Es handelt sich bei dem Mann um die Kreuzung aus einem unter der blonden Mähne mumifizierten Rod Stewart und Captain Jack Sparrow aus "Fluch der Karibik". Geisels Frau Vera ging passend dazu als Bert-Braut Sophia Wollersheim, die samt ihrer in Brusthöhe angeschraubten fleischfarbenen Medizinbälle gerade im "Dschungelcamp" zu besichtigen ist. Dieser Auftritt wurde insgesamt für problematisch gehalten, zumal des Oberbürgermeisters Verwaltung die Einrichtungen des von ihrem Chef verulkten Verkehrsunternehmers gerne mal schließt.

Da hat es unser neuer Oberbürgermeister Andreas Mucke besser, weil wir Schautermänner aus der Wollersheim-Preisklasse in Wuppertal gar nicht erst haben. Er kann sich also verkleiden wie er will. Nur vielleicht nicht gerade als CDU-Fraktionsboss Michael Müller in einem Anzug von Primark oder als B 7-Stau. Das würde dann doch zu viele Menschen aus der Bahn werfen...

Bis die Tage!

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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