Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire Termin bei Dr. Föhlens

Wuppertal · Sagen Sie mal: Sind Sie eigentlich Kasse oder privat? Als Patient werden Sie diese Frage möglicherweise schon mal beantwortet haben, wenn Sie beim Facharzt einen Termin wollten. Haben Sie als Antwort "privat" gegeben, kann es durchaus sein, dass der Doktor in gut zwei Stunden für Sie Zeit hatte und Sie höchstpersönlich auf der Sänfte ins Behandlungszimmer tragen wollte.

 Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Haben Sie "Kasse" gesagt, konnten Sie wahrscheinlich zwischen einem Termin in acht Wochen mittags oder einem in sieben Wochen drei Stunden vor Sonnenaufgang wählen. Dann müsse man aber etwas Zeit mitbringen.

Dieses Phänomen wird zwar gerne bestritten, sicherheitshalber hat der Gesetzgeber jetzt aber doch einen Vermittlungsservice für Facharzttermine bei den Kassenärztlichen Vereinigungen eingerichtet. Der beginnt am Montag mit der Arbeit und sorgt dann dafür, dass man schon innerhalb von vier Wochen beim Spezialisten vorsprechen darf. Vorausgesetzt, der Fall ist dringend.

Nun besagt das Wort "dringend" allerdings im Kern, dass etwas drängt, woraus normalerweise folgen müsste, dass vier Wochen ein eher ungeeignetes Zeitfenster für die Problemlösung ist. Außerdem stellt sich die Frage, wann im medizinischen Sinne dringend eigentlich anfängt. Ist es zum Beispiel im Hinblick auf einen Hautarztbesuch schon dringend, wenn die Schwarte nur juckt und leicht gerötet ist, oder drängt es erst, wenn ich aussehe wie ein Streuselkuchen nach zwei Stunden in der Mikrowelle? Kann ich nicht so dringende Fälle möglicherweise geschickt rechts in der Warteschleife überholen, indem ich frühe Symptome ignoriere und erst aktiv werde, wenn aus dem kleinen Würfelhusten eine Bronchitis mit grünem Auswurf geworden ist und der Hausarzt bestürzt den "dringend"-Vermerk gleich zweimal auf die Überweisung stempelt?

Überweisungen habe ich übrigens auch nie verstanden: Die Krankenkassen möchten gerne, dass Patienten mit Ohrenschmerzen erst zum Hausarzt gehen, der dann feststellt, dass die Ohrenschmerzen nicht vom Knie kommen und man besser zu einem Ohrenarzt geht. Damit sollen unnötige Facharztbesuche vermieden werden, was mit Blick auf die Kostenexplosion im Gesundheitswesen ja auch sehr gut zu klappen scheint. Paradoxerweise kränkelt ausgerechnet unser Gesundheitssystem ständig, weil es immer gieriger wird, je mehr es bekommt. Nach einem ähnlichen Prinzip und mit ähnlichen hohen Geldbeträgen operiert sonst nur noch Dagobert Duck in Entenhausen.

Dazu passt, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen den Facharztterminvergabeservice zwar ab Montag anbieten müssen, ihn aber selbst völlig blödsinnig finden. Sie haben nämlich ermittelt, dass die Wartezeiten im internationalen Vergleich eher kurz sind. In Kanada beispielsweise muss fast jeder Zweite mehr als zwei Monate oder länger warten, bis er zum Facharzt darf. Das könnte natürlich auch damit zu tun haben, dass es am Mount McKinley oder in den Rocky Mountains ein paar weniger Praxen gibt als in Elberfeld. Außerdem finden die Kassen, dass zu viele der überaus wertvollen Facharzttermine dann am Ende gar nicht wahrgenommen werden. Aber möglicherweise hat das ja damit zu tun, dass Patienten beispielsweise während der Wartezeit auf den Termin beim Augenarzt erblinden und den Weg nicht mehr finden.

Ich glaube übrigens nicht, dass sich das mit Hilfe der neuen Servicestelle ändert. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein kann Sie nämlich durchaus in dreieinhalb Wochen zu einem bis zu 60 Fahrminuten von Wuppertal entfernt praktizierenden Doktor Föhlens schicken, weil man sich den Arzt und den Zeitpunkt nicht selbst aussuchen darf. Und die Benachrichtigung über das ausgehandelte Datum des Facharztbesuchs will die KV dann auch noch per Post schicken. Da bin ich gespannt, wer eher da ist: Der Brief oder der Termin.

Bleiben Sie besser gesund!

Bis die Tage!

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