Der ESC-Blog des Wuppertaler Musikexperten Peter Bergener Noch nie so viel Polizei und Militär

Wuppertal / Kiew · Einen schönen und sonnigen guten Morgen aus Kiew! Mir geht es gut, ich habe mich gut eingelebt. In Wuppertal losgefahren bin ich ja mit einem großen Respekt zum ESC in die Ukraine, da ich nicht wusste, was mich erwartet aufgrund der politischen Ereignisse der vergangenen Zeit.

Jamala, die Vorjahressiegerin, bei einer Pressekonferenz.

Foto: Peter Bergener

Mein erster Tag war vor über einer Woche noch etwas holprig, Ich war zuerst erstaunt, dass so viele in Kiew kaum Englisch sprachen. Aber sie halfen mir dennoch jederzeit sehr freundlich und alle sehr höflich. Mit Gesten und Handzeichen kam man dann schon irgendwie zurecht. Im Pressezentrum selbst, da sprechen alle sehr gut Englisch.

Die angespannte politische Lage wird es einem eigentlich nur bewusst, wenn man zur Halle sowie zum Euro-Club oder in die Stadt zur Fan-Meile geht. Hier herrscht eine besonders große Aufmerksamkeit. Ich habe noch nie beim ESC so viel Polizei und vor allem Militär gesehen. Das ist schon enorm!

Der Maidan-Platz in Kiew.

Foto: Peter Bergener

Eines habe ich jedoch auch in den letzten Tagen gemerkt: So sehr groß die Freude war, dass Jamala 2016 den Sieg für die Ukraine mit dem politischen Thema der Krimtataren im Lied "1944" geholt hat, kommt nicht jeder Bürger in Kiew mit der Sängerin und ihrem Engagement sowie ihrer Musik zurecht. Da ist, so empfinde ich es, den Ukrainern der Künstler Verka Serduchka lieber.

Andrij Mychajlowytsch Danylko heißt er mit bürgerlichem Namen und ist ein ukrainischer Popsänger, der die Figur der frechen, älteren Dame "Verka Serduchka" spielt und unter eben diesem Künstlernamen große Bekanntheit erlangte. Im Eurovision Song Contest 2007 sang er für die Ukraine und belegte den zweiten Platz. Der Titel seines Songs hieß "Dancing Lasha Tumbai". Der war auch nicht ganz unpolitisch, weil es eine sinnfreie Textstelle "Lasha Tumbai" beinhaltete. Di3 wurde von vielen Zuhörern als "Russia Goodbye" verstanden. Er behauptete aber, die akustische Ähnlichkeit sei zufällig und eine gegen Russland gerichtete Aussage nicht beabsichtigt. Auf jeden Fall kann man über ihn lachen, und in den Semifinalen gibt es auch einen kurzen lustigen Film mit ihm.

Der Taxifahrer, der mich übrigens vom Flughafen in die Stadt brachte, wollte auch unbedingt von mir erfahren, was ich davon hielt, dass Russland nicht antreten darf. Bei dem Gespräch merkte ich dann aber, dass er russischer Abstammung war, sich sehr bemühte, mir noch einmal den Standpunkt aus Sicht der Russen zu erklären. Ich kann nur sagen, es ist am besten man geht eigentlich nicht zu sehr in eine Diskussion mit jemandem in der Ukraine ein, wenn es um das Thema geht.

Ich sende friedliche musikalische Grüße. Also singen wir "Ein bisschen Frieden" oder noch besser passend zum Liederwettbewerb der Länder "Ein Lied kann eine Brücke sein". Grundsätzlich fühle ich mich aber hier sicher!

Viele musikalische Grüße vom Euro-Music-Peter!