Vor Gericht in Wuppertal Kurioser Prozess: Zweimal Zwillinge erfunden

Wuppertal · Kurioser Prozess vor dem Wuppertaler Amtsgericht: Ein Mann wurde innerhalb von einem Jahr auf dem Papier zweimal Vater von Zwillingen. Dank gefälschter Geburtsurkunden, mit denen er Elterngeld abkassieren wollte. Er ging da schon stramm auf die 60 zu ...

 Der Angeklagte mit seinem Dolmetscher bei der Berufungsverhandlung.

Der Angeklagte mit seinem Dolmetscher bei der Berufungsverhandlung.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Not macht bekanntlich erfinderisch. Geflügelte Worte, die dem heute 64-jährigen gebürtigen Italiener zu erstaunlicher Kreativität verholfen haben. Luzia und Fabrizio hießen die Kinder, die laut gefälschter Geburtsurkunde angeblich im Februar 2014 auf die Welt kamen. Und weil das mit dem Elterngeld so gut geklappt hatte und die 13.000 Euro, die ihm das Amt überwies, so langsam zur Neige gingen, zog er die Nummer ein Jahr später gleich noch einmal durch. Diesmal hießen der Kinder Gida und Mateo, bei deren angeblicher Geburt der Angeklagte schon fast 60 Jahre alt gewesen wäre.

Weil er aber bei der Fälschung offensichtlich nachlässig geworden war, rümpfte das Amt diesmal die Nase und zahlte nicht. Und der Angeklagte? Der liest im Ablehnungsbescheid irgendwas von Widerspruch und schreibt fix eine Klageschrift unter falschem Namen, um die – mitsamt gefälschter Geburtsurkunden – beim Sozialgericht einzureichen. Wohlgemerkt: Ein paar Tage vorher hatte er gerade eine Bewährungsstrafe wegen diverser Diebstahlsdelikte kassiert. Das Gericht wies die Klage ab, es drohte also erneut Ebbe in der Haushaltskasse.

Deshalb setzte er seine „Kunst“ diesmal anders ein und erleichterte mittels eines Verrechnungsschecks mit gefälschter Unterschrift und ebenso gefälschter Vollmacht eine Physiotherapeutin um 13.000 Euro.

Beim Jobcenter war man zwischenzeitlich wohl der Meinung, dass der Angeklagte es mal mit ehrlicher Arbeit versuchen solle. Von dort schickte man den Mann zum Bewerbertraining, bei dem er einer Kursteilnehmerin die auf dem Tisch abgelegte Geldbörse entwendete und dank dort deponierter Bankkarte plus PIN-Nummer 320 Euro vom Konto abhob.

Und dann war da plötzlich dieses Baustellengerüst am Berufskolleg am Haspel. Gelegenheit macht Diebe: Das scheint hier das Motto gewesen sein. Und das nicht nur einmal, sondern gleich dreimal. Mit DVD-Brenner, Kaffeeautomat und Elektro-Einbauherd dürfte der Angeklagte schwer bepackt gewesen sein, nachdem er im August 2017 dort ein- und wieder ausgestiegen war.

Weil das so wunderbar geklappt hatte, waren es beim nächsten Mal ein Computer und ein Monitor, die er unter den Arm nahm. Beim dritten Mal war Schluss, da erwischte ihn der Hausmeister auf frischer Tat. Das Amtsgericht hatte im Februar für diese und andere Taten zwei Einzelstrafen von zwei Jahren sowie zwei Jahren und sechs Monaten gegen den Angeklagten verhängt.

Vier Jahre und sechs Monate in der Zelle? Das schien dem erstmals in Haft sitzenden Mann zu lange zu sein – er hatte umgehend Berufung eingelegt. Die zog er zurück, nachdem ihm der Berufungsrichter klargemacht hatte, dass angesichts einer solchen kriminellen Energie mit einem milderen Urteil nicht zu rechnen sei ...

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