Freispruch für Ex-Dezernent Paschalis „Sie sind zu Unrecht verurteilt worden“

Wuppertal · Das Wuppertaler Landgericht hat am Dienstag, 6. September 2022, den früheren Rechtsdezernenten der Stadt, Panagiotis Paschalis, in einem Berufungsprozess vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen.

 Wuppertals Ex-Rechtsdezernent Panagiotis Paschalis wurde am 6. September 2022 durch das Wuppertaler Landgericht vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen.

Wuppertals Ex-Rechtsdezernent Panagiotis Paschalis wurde am 6. September 2022 durch das Wuppertaler Landgericht vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Das Landgericht hob damit nach nur zwei Verhandlungstagen eine Entscheidung des Wuppertaler Amtsgerichtes vom Sommer 2021 auf, das Paschalis nach 17 Verhandlungstagen wegen übler Nachrede in zwei Fällen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des umstrittenen ASS-Komplexes verurteilt hatte. Dagegen hatte Panagiotis Paschalis Berufung eingelegt, so dass es jetzt zum Prozess vor dem Landgericht gekommen war.

Entscheidender Punkt: Das Landgericht wertete sowohl die beinahe 100-seitige Strafanzeige, die Panagiotis Paschalis wegen des ASS-Komplexes gegen zahlreiche Mitglieder der Stadtspitze, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie bekannte Personen aus Politik und Wirtschaft bei der Wuppertaler Staatsanwaltschaft als zuständiger Strafverfolgungsbehörde gestellt hatte, als auch seine Aussagen vom 15. Dezember 2018 gegenüber der Wuppertaler Rundschau nicht als Tatsachenbehauptungen, sondern – gedeckt von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichtes – als Werturteile, für die das Grundrecht der Meinungsfreiheit ausschlaggebend sei.

Im Gespräch mit der Wuppertaler Rundschau hatte Panagiotis Paschalis seinerzeit gesagt: „Ich gehe von einer Unrechtsvereinbarung der Stadtspitze und des Rechnungsprüfungsamtes aus, mit dem Ziel der rechtswidrigen Niederschlagung der Angelegenheit ASS und der Verhinderung von berechtigtem Regress gegen Beteiligte zum Schaden der Stadt.“

Nach der aktuellen Urteilsverkündung am 6. September 2022 fand der Vorsitzende Richter Dr. Markus Quantius, der auch Vizepräsident des Wuppertaler Landgerichtes ist, deutliche Worte, indem er Panagiotis Paschalis, der im Sommer 2017 als Dezernent abgewählt worden war, persönlich ansprach: „Herr Paschalis, was kann ich sagen? Das Urteil des Amtsgerichtes ist falsch. Sie sind zu Unrecht verurteilt worden, und Sie sind zu Unrecht von der Staatsanwaltschaft verfolgt worden. Wir hoffen, dass wir durch unser Urteil für Ihre Rehabilitation einen wesentlichen Baustein liefern können.“

Auf das Thema Rehabilitation hatten sich vor der Urteilsverkündung Panagiotis Paschalis selbst sowie sein Verteidiger, Professor Dr. Endrik Wilhelm, bezogen. Rechtsanwalt Wilhelm sprach davon, sein Mandant durchlebe „seit sieben Jahren einen Albtraum“, bei dem „das Opfer zum Täter gemacht“ worden sei, sprich derjenige, der den ASS-Komplex „aufklären, die Verantwortlichen herausfinden und dafür sorgen wollte, dass so etwas nicht noch einmal passiert, jetzt auf der Anklagebank sitzt“. Endrik Wilhelm: „In Wuppertal kehren sich die Werte um. Der Aufklärer wird angeklagt.“

Anwalt Wilhelm erhob erneut schwere Vorwürfe beispielsweise gegen die Geschäftsführung der Wuppertal Marketing GmbH (WMG), den Aufsichtsrat der WMG, Ex-Oberbürgermeister Andreas Mucke, Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig sowie die Wuppertaler Staatsanwaltschaft.

Panagiotis Paschalis, der von Beruf selbst Rechtsanwalt ist, vor dem Landgericht im Rückblick auf den ASS-Komplex: „Der Oberbürgermeister, das Rechnungsprüfungsamt und der Antikorruptionsbeauftragte spielten den Fall herunter, sie taten das Gegenteil von dem, was angezeigt gewesen wäre. Nicht ein einziger der für das Scheinrechnungssystem Verantwortlichen sah sich Konsequenzen ausgesetzt. Weil ich mich damit weder abfinden konnte noch wollte, wurde ich abgewählt.“ Paschalis zum Schluss: „Von der Staatsanwaltschaft erwarte ich, dass sie einfach nur ihre Arbeit macht. Soweit es mich anbetrifft, erwarte ich, dass die Wiederherstellung meiner Reputation ebenso lautstark und öffentlichkeitswirksam betrieben wird, wie mein Name beschmutzt wurde.“

Zuvor hatte für die Staatsanwaltschaft auch Oberstaatsanwalt Sebastian Topp die Aufhebung des Amtsgerichtsurteils und einen Freispruch für Paschalis gefordert. Topp verwies angesichts der Vorwürfe von Verteidiger Wilhelm gegen seine Behörde allerdings darauf, dass alle Beschwerden, die Panagiotis Paschalis hier erhoben hatte, vom Generalstaatsanwalt überprüft und als unbegründet abgewiesen worden seien. Ansonsten schloss er sich der Auffassung der Landgerichtskammer in Sachen Meinungsfreiheit an – und kommentierte außerdem: „Es ist an dem, was Herr Paschalis gesagt hat, ja auch etwas dran. Bei der Stadt ist einiges schiefgelaufen.“

Die Kosten für beide Verfahren – sowohl das vor dem Amtsgericht als auch das vor dem Landgericht – übernimmt nun die Staatskasse.

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