Vor Gericht Haft nach „schnellstem Banküberfall aller Zeiten“

Wuppertal · Seinen größten Wunsch hat ihm das Gericht dann doch noch erfüllt: Er wollte die Weihnachtstage zu Hause verbringen - bei seiner kleinen Tochter, der Ehefrau und mit der Familie. Die Kammer hob den Haftbefehl auf. Der Mann, der im Mai die Sparkassen-Filiale am Islandufer überfallen hat, darf die Untersuchungshaft vorübergehend verlassen.

 Der Angeklagte mit seinem Anwalt.

Der Angeklagte mit seinem Anwalt.

Foto: Sabine Maguire

Im nächsten Jahr allerdings muss er die gegen ihn verhängt Haftstrafe antreten: vier Jahre und sechs Monate - im besten Falle im offenen Vollzug. Mit dem Strafmaß lag die Kammer über den vier Jahren und drei Monaten, die zuvor die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer gefordert hatte. Aus Sicht der Anklage sei von erpresserischem Menschenraub nicht mehr auszugehen, da das Vorhalten der Schreckschusspistole nur 17 Sekunden gedauert habe. Weder der damit bedrohte Kunde noch der Bankangestellte hatten von Folgeschäden durch die Tat berichtet, nach der der Angeklagte die Filiale mit 10.500 Euro in der Hosentasche verlassen hatte. Auch auf Videoaufnahmen war zu sehen, dass anderen Kunden der Sparkassenfiliale am Islandufer der Überfall noch nicht mal aufgefallen zu sein scheint.

„Es dürfte sich um den schnellsten Banküberfall aller Zeiten handeln“, war vom Verteidiger des Angeklagten zu hören. Der habe vor sich hin „gewurschtelt“, seiner Familie etwas bieten wollen und dann auch noch ein Pferd gekauft: Am Ende sei er mit den Schulden und dem Druck nicht mehr klargekommen. Mit dem eigenen Auto zur Bank zu fahren sei dazu noch wenig professionell und wirke eher so, als hätte einer noch mit der Fahne gewinkt, damit man ihm schnell auf die Schliche kommen möge.

Das Gericht hingegen sah in dem Banküberfall, den der Angeklagte als „Kurzschlusshandlung“ aus Geldnot heraus begangen haben will, keinen minderschweren Fall. Der 35-Jährige habe sogar in seinem Geständnis eingeräumt, dass er vor der Tat genau gewusst habe, das „der Plan ziemlicher Mist sei“ - um ihn dennoch auszuführen. „Für so was muss man schon etliche Hemmschwellen überwinden“, stellte der Vorsitzende Richter Ulrich Krege klar.

Im Verhandlungsverlauf war offenkundig geworden, dass sich hinter der Tat auch eine „Familientragödie“ verborgen hatte. Der Angeklagte hatte mit seinem Autohandel bereits zuvor Insolvenz anmelden müssen. Es hatte Vorverurteilungen wegen Betruges gegeben, die sich allerdings eher im Bereich der Geringfügigkeit bewegt hatten. Eine weitere Firma sein dann auf seine Frau angemeldet gewesen - und mit dieser war der 35-Jährige in Geldnot geraten. Der Ehefrau hatte er den finanziellen Engpass verschwiegen und er hatte ihr auch nicht gesagt, dass ihn Gläubiger auch damit bedrängten, sie zum „Anschaffen“ nach Ungarn schicken zu wollen.

Dann sei da auch noch das Zerwürfnis mit der eigenen Familie gewesen. Der Vater hatte sich an dem Geschäftsgebaren des Sohnes gestört und ihm nach eigener Aussage - auf dessen Einsicht hoffend - den „Geldhahn zugedreht“. Der Sohn wiederum räumte nun vor Gericht ein, dass er dem Vater habe das Gegenteil beweisen wollen und „dickköpfig“ reagiert habe. Am Ende sei ihm die finanzielle Not und der Druck der Gläubiger im sprichwörtlichen Sinne über den Kopf gewachsen und er habe nur noch einen Ausweg gesehen: einen Banküberfall.

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