Urteil in Prozess „Gucci-Gang“: Haftstrafen ohne Bewährung

Wuppertal · Im so genannten „Gucci-Prozess“ sind die Angeklagten am Montag (2. Dezember 2019) in Wuppertal zu zwei Jahren und vier Monaten Jugendhaft ohne Bewährung verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft und der Anwalt der Nebenklage hatten zuvor jeweils drei Jahre Jugendstrafe ohne Bewährung gefordert, die Verteidiger Bewährungsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten beantragt.

 Anwalt Carsten Reber, im Hintergrund der Sohn des Opfers.

Anwalt Carsten Reber, im Hintergrund der Sohn des Opfers.

Foto: Mikko Schümmelfeder

„Ich bin von dem Urteil enttäuscht und glaube nicht, dass man sie resozialisieren kann“, so der Sohn des 70-jährigen Opfers. Er hatte gleich nach der Urteilsverkündung ankündigt, über den Nebenklageanwalt in Berufung gehen zu wollen. Die beiden 14-jährigen Angeklagten sollen den Rentner im Mai getreten und geschlagen haben, er soll sie zuvor des Hausflurs verwiesen haben.

Der Prozess wurde nichtöffentlich geführt – und dennoch waren einige Details an die Öffentlichkeit gelangt. So sollen mehrere Polizisten ausgesagt haben, den beiden Jugendlichen in den sechs Monaten vor der Tat nahezu täglich beruflich begegnet zu sein. Als man später deren zahlreiche Vorstrafen habe recherchieren wollen, soll der Computer abgestürzt sein. Es soll bereits vor der nun angeklagten, gefährlichen Körperverletzung mehr als 100 Einsätze gegeben haben und einer der beiden Jungen soll nur wenige Tage vor dem Überfall auf den ehemaligen Gemüsehändler aus der Haft entlassen worden sein. Das Jugendamt habe ihn eigentlich für eine pädagogische Maßnahme nach Schweden schicken wollen - auch um ihn aus dem kriminellen Umfeld herauszulösen.

Die Verteidiger der beiden Angeklagten sollen dem Jugendamt hingegen vorgeworfen haben, sich nicht ausreichend gekümmert zu haben. Derweilen soll die Mutter eines der beiden Jungen ausgesagt haben, dass sie ihren Sohn nicht mehr habe kontrollieren können. Er soll ihr entglitten und ständig unterwegs gewesen sein - die Geschwister hätten Angst vor ihm gehabt. „Er hat das Kaninchen mit dem Teppich erschlagen und den Kadaver der Mutter aufs Kopfkissen gelegt“, schildert Nebenklageanwalt Carsten Rebber einige Details aus der Zeugenvernehmung. Aus seiner Sicht fehle es den Angeklagten an Empathie und Mitgefühl. „Das sind immer noch tickende Zeitbomben“, so Rebber, der in seinem Plädoyer eine mehrjährige Jugendstrafe gefordert hatte. „Der Jugendschutz wird in diesem Verfahren sehr hochgehängt“, lässt der Nebenklageanwalt das Unverständnis seiner Mandantschaft durchklingen.

Dass er das Opfer überhaupt in der Nebenklage hatte vertreten können, hatte sich Rebber durch eine Beschwerde erkämpfen müssen. Nachdem die Staatsanwaltschaft den Anklagevorwurf von schwerer Körperverletzung in gefährliche Körperverletzung abgeändert hatte, war die Nebenklage ausgeschlossen worden. Zuvor hatte die Rechtsmedizinerin nicht ausschließen können, dass die Hirnblutung des Opfers auch durch eine Blutdruckkrise ausgelöst worden sein könnte. Aus Sicht der Gutachterin seien die äußerlichen Verletzungen am Kopf nicht schwerwiegend genug gewesen, um derartige Folgen herbeiführen zu können.

Auf Betreiben der Nebenklage war noch die behandelnde Ärztin im Helios Klinikum in den Zeugenstand geladen worden, die einen Zusammenhang von Tritten und Verletzungsfolgen hergestellt haben soll. Auch Zeugen sollen ausgesagt haben, dass die Angeklagten auf ihr Opfer „eingedroschen“ haben sollen. Einer soll mit Fäusten geschlagen, der andere dem 70-Jährigen in den Bauch getreten haben. Derweil sollen mehrere Mädchen drumherum gestanden und die Angeklagten zum Weitermachen animiert haben.

Innerhalb des Prozesses soll auch bekannt geworden sein, dass Angehörige der Angeklagten etliche Belastungszeugen bedroht haben sollen, um sie von einer Aussage abzuhalten.

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