Stefan Leven (Bundespolizei Wuppertal) „Ein Bahnhof ist kein ungefährlicher Ort“

Wuppertal · Der Vorfall in Frankfurt, bei dem eine Mutter und ihr Sohn vor einen einfahrenden Zug gestoßen wurden, ist nicht der erste seiner Art. In Wuppertal ereignete sich vor einem Jahr eine ähnliche Attacke. Die Rundschau hat mit Stefan Leven von der Bundespolizei über die Sicherheit an den Bahnhöfen gesprochen.

 Prägnant markiert am Wuppertaler Hauptbahnhof an Gleis 1 eine weiße Linie den Sicherheitsanstand. Wer sich hinter der Linie aufhält, verringert zumindest die Gefahr, auf die Schienen zu stürzen.

Prägnant markiert am Wuppertaler Hauptbahnhof an Gleis 1 eine weiße Linie den Sicherheitsanstand. Wer sich hinter der Linie aufhält, verringert zumindest die Gefahr, auf die Schienen zu stürzen.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Die Nachricht, die sich am Montag durch die Medien verbreitete, ist schrecklich: Ein 40-Jähriger Mann stößt am Frankfurter Hauptbahnhof eine Mutter und ihren achtährigen Sohn vor einen einfahrenden Zug. Die Mutter rettet sich in letzter Sekunde und sieht aus nächster Nähe mit an, wir ihr Kind vom ICE überrollt und getötet wird. Der Vorfall löst eine Debatte aus, über die Sicherheit an Bahnhöfen und darüber, wie und ob solche Angriffe überhaupt verhindert werden können.

Vor einem Jahr, am 12. April 2018, ereignete sich eine ähnliche Attacke am Wuppertaler Hauptbahnhof. Vater, Mutter und drei kleine Kinder (ein, drei und fünf Jahre alt) erwarten auf dem Bahnsteig den einfahrenden Zug. Plötzlich packt ein 23-jähriger Mann den fünfjährigen Sohn der Familie und springt mit ihm ins Gleisbett.

Der Zugfahrer leitet eine Vollbremsung ein. Kurz vor dem Zusammenstoß legt sich der Angreifer mit dem Jungen im Arm längs der Schienen ins Gleisbett, der Zug überrollt die beiden einige Meter. Sie bleiben unverletzt. Zumindest äußerlich. Bei seiner Verurteilung im Oktober 2018 erklärt der Täter, Geister hätten ihn geärgert. Er wird in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen. Der Ablauf der beiden Taten in Wuppertal und Frankfurt schürt Angst. Die Täter geistig verwirrt, die Opfer völlig willkürlich ausgewählt.

„Verhindern kann man so etwas nicht“, erklärt Stefan Leven, Präventions- und Kontaktbeamter der Bundespolizei am Wuppertaler Hauptbahnhof. Um die Angst vor Attacken zu nehmen, verweist er auf Verhaltensregeln, die den Aufenthalt in Bahnhöfen und auf dem Bahnsteig sicherer gestalten. „Nicht spielen, nicht rennen und die weiße Sicherheitslinie beachten“, fasst Leven die Kernpunkte zusammen.

In jedem deutschen Bahnhof verläuft circa einen Meter von der Bahnsteigkante entfernt ein weißer Strich auf dem Boden entlang. Die Linie kennzeichnet den Abstand zu den Schienen, den Reisende einhalten sollten, bis der Zug steht. Sie schützt vor der Sogwirkung, die ein durchfahrender Zug erzeugt, und davor, versehentlich ins Gleisbett zu stolpern.

Auch das Gepäck sollte immer weit genug von der Sicherheitslinie entfernt abgestellt werden, um Reisende nicht zusätzlich zu behindern.

„Ich beobachte immer wieder, wie sorglos die Menschen an der Bahnsteigkante entlanggehen. Da ist wirklich gesundes Misstrauen angesagt, ein Bahnhof ist kein ungefährlicher Ort“, warnt Leven. Sich ab und zu mal umsehen, darauf achten, dass einem niemand zu nahe kommt, aufmerksam sein – das empfiehlt der Präventionsbeamte, um die Sicherheit am Gleis zu erhöhen.

Regelmäßig besuchen Stefan Leven und sein Team Wuppertaler Grundschulen, um Kindern der vierten Klassen das richtige Verhalten im Bahnhof zu erklären. Darunter fällt zum Beispiel, dass ein Zug viel mehr Zeit zum Bremsen in Anspruch nimmt als ein Auto. „Trotzdem liegt es in der Verantwortung der Eltern, bei einer Zugreise auf ihre Kinder aufzupassen“, appelliert Leven.

Mehrere Beamte der Bundespolizei sind täglich in Uniform, aber auch in Zivil im Wuppertaler Bahnhof im Einsatz und schreiten ein, sobald es zu brenzligen Situationen kommt. Aber nicht immer schaffen sie es, Vorfälle wie den Angriff in Frankfurt rechtzeitig zu verhindern.

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