„Die Sprache wird zum Florett“

Wuppertal · Mit Molières Komödie "Tartuffe" verlässt das Schauspiel erstmals das Theater am Engelsgarten und spielt auf der Bühne des Opernhauses. Regisseur Maik Priebe unterhielt sich mit Rundschau-Redakteurin Sabina Bartholomä über seine Inszenierung.

 Regisseur Maik Priebe inszeniert in Wuppertal Molières Komödie „Tartuffe“ auf der Bühne der Oper.

Regisseur Maik Priebe inszeniert in Wuppertal Molières Komödie „Tartuffe“ auf der Bühne der Oper.

Foto: Jens Grossmann

"Tartuffe" ist Ihre erste Regiearbeit in Wuppertal. Wie wirkt die Stadt auf Sie?
Spannend und in ihrer Zerrissenheit beeindruckend. Die Menschen sind herzlich und es hat mir imponiert, dass sie so für ihr Theater gekämpft haben. Außerdem komme ich aus Schwerin, bin dort zur Polytechnischen Oberschule Friedrich Engels gegangen. Bezüge gibt es also genug.

Stichwort "Molière", was fällt Ihnen dazu ein?
Für mich ist es die erste Inszenierung eines Stücks von Molière. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, seine in Jamben geschriebene Sprache zu nutzen, statt auf eine moderne, verslose Bearbeitung zurückzugreifen. Die Poesie der Sprache ist für die Schauspieler dabei von ungeheurem Wert. Diese Rededuelle sind im Moment das Kampfgebiet der Schauspieler. Die Sprache wird zum Florett, man hat schneller Striemen im Gesicht, als man es bemerkt.

Ist "Tartuffe" noch zeitgemäß?
Ja. "Tartuffe" ist ein religiöser Heuchler, aber eigentlich sind alle Akteure des Stücks darauf bedacht, ihre Schäfchen ins Trockene zu bekommen. Viele Banker und Immobilienhaie handeln heute auch so. Molière war ein Autor, der seiner Zeit einen Spiegel vorhält, damit sie vielleicht erkennt, wie verlogen sie ist. "Tartuffe" ist kein Brecht'sches Lehrstück, eher eine Komödie mit tragischen Momenten und Figuren aus der Commedia, lebendig und beeindruckend. Und Molière war wie Shakespeare ein Visionär, seine Frauen sind stark, emanzipiert, sie kämpfen mit allen Waffen.

Kommt das Stück bei den Schauspielern an?
Es ist ein gefundenes Fressen, solche Figuren spielen zu dürfen. Das Stück ist ein Geschenk für Schauspieler und Regisseur. Es ist eine wunderbare Herausforderung. Gerade auch weil man es anders spielen muss, als wir es aus dem angeblich "authentischen" Theater derzeit gewohnt sind.

Wie stehen Sie selbst zur Person des "Tartuffe"?
Ich liebe die abseitigen Figuren, die großen Mörder und Heuchler der Weltliteratur, vielleicht weil die meine eigenen kriminellen Energien ausleben, was ich mich nicht traue. Und es ist eine gewisse Schadenfreude dabei, zu sehen, wie man auf "Tartuffe" hereinfällt. Jeder ist schon einmal einem Heuchler aufgesessen.

Worauf darf man sich bei der Ausstattung freuen?
Auf große Kostüme, die an die Barock-Zeit angelehnt sind. Außerdem wird der gesamte Opernchor mit dabei sein, der nicht nur Kompositionen aus der Zeit Molières singt, sondern auch das Volk darstellt, das hinter den Gardinen steht und lauert, was im Nachbarhaus passiert. Beim Auftritt "Tartuffes" singt er Kirchenchoräle, am Ende eine Hymne auf den König, das lassen wir uns nicht nehmen.

Doch das ist nicht Ihre einzige Regiearbeit in Ihrer Wuppertaler Zeit?
Nein, als Kontrastprogramm begleite ich den jungen Schauspieler Lukas Mundas bei seinem Solo-Abend "Ein Kind unserer Zeit" nach dem Roman von Ödön von Horvath. Ein junger Mensch, schwankend zwischen Politikverdrossenheit und Nationalstolz, den eigenen Platz im Leben suchend. Die Absurdität des Krieges und Verachtung Andersdenkender sind die Themen. Dazu haben wir mit der ehemaligen Konsumgenossenschaft "Vorwärts" einen historischen Ort gefunden, der gut dazu passt. Vielleicht beschließen am Ende des Abends einige Zuschauer, den Roman zu lesen...

+++ Fakten +++

Der Vorhang zu Molières Komödie "Tartuffe" hebt sich zur Premiere erstmals am Samstag (9. April 2016) um 19.30 Uhr.
Tickets gibt es bei der Kultur-Karte im Elberfelder City-Center — und unter der Telefonnummer 563—7666.

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