Neulich. .. bei Pina Bausch Noch’n Weinchen ...

Wuppertal · Ein riesiger Berg aus tiefroten Pfingstrosenblüten. Bunte Dias aus Hong Kong. Sentimentale Musik. Anmutige Soli. Poetische Szenen. Pekinesen, die über die Bühne getragen werden. Tänzer, die in Bettdecken springen.

 Nanu, Andrey Berezin trägt Pekinesen über die Bühne.

Nanu, Andrey Berezin trägt Pekinesen über die Bühne.

Foto: Ursula Kaufmann

Andrey Berezin, der auf Skiern den Blütenberg hinunter gleitet. Nazareth Panadero, die ausgelassen wie ein Vogel über die Bühne flattert. Blüten, die vom Himmel regnen.

Es brauchte am Samstag nur wenige Minuten in Pina Bauschs "Fensterputzer", bis man sich bewusst wurde: Die drei neuen Stücke für das Wuppertaler Tanztheater, die die vier Choreographen vor drei Wochen vorgestellt haben — sie bewegen sich meilenweit von dem Ideenreichtum, dem Charme, der Seele und der Perfektion von Pinas Choreographien. Das fällt im unmittelbaren Vergleich umso schmerzhafter auf.

Ja schon, da gab es diesen furiosen Auftakt von Tim Etchells "In Terms Of Time", bei dem die Tänzer gestapelte Plastikbecher quer über die Bühne balancierten, bis die ganze Szene in einem einzigen wunderbaren Chaos endete. Und oh ja, die Choreographen Bengolea/Chaignaud präsentierten in "The Lighters. Dancehall Polyphony" temporeiche Tanzszenen und stimmige Gesangseinlagen.

Der "Fensterputzer" aber kommt bunt, leicht und ausgelassen daher, versprüht Esprit, changiert gekonnt zwischen zarter Melancholie und Humor. Das Timing ist perfekt, keine Szene zu lang, die Einfälle überbordend, der Bogen stimmig und die Musik perfekt zusammengestellt. Da geht das Herz auf — und die Sinne nehmen ein Vollbad.

Und die alten Helden wie Dominique Mercy, Rainer Behr und Mechthild Großmann sorgen im Wuppertaler Opernhaus für vertraute Gefühle. Für all das bedankte sich das Publikum am letzten Wochenende begeistert mit Standing Ovations. Pina fehlt. Noch immer. Keine Frage.

Aber weil dies Wuppertal ist, trifft man auch die jungen Tänzer nach dem alten Motto "Noch'n Weinchen, noch'n Zigarettchen" im Anschluss im Luisenviertel. Das fühlt sich nicht wie erstarrtes Tanzmuseum an, sondern sehr lebendig.

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