Kommentar Tauben – unsere verlorengegangenen Haustiere

Wuppertal · Tauben. Sie tummeln sich auf öffentlichen Plätzen in der Innenstadt, in Bahnhöfen oder eben auch an Orten wie in der ehemaligen „Strumpf-Seidel-Passage“ in der Barmer City in Wuppertal. Dort leben sie, brüten, picken alles auf, was sie vor den Schnabel bekommen – und koten. Letzteres ärgert die Passanten und Anlieger enorm.

 Symbolfoto.

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Foto: Achim Otto

Tauben. Sie tummeln sich auf öffentlichen Plätzen in der Innenstadt, in Bahnhöfen oder eben auch an Orten wie in der ehemaligen „Strumpf-Seidel-Passage“ in der Barmer City. Dort leben sie, brüten, picken alles auf, was sie vor den Schnabel bekommen – und koten. Letzteres ärgert die Passanten und Anlieger enorm.

Zahlreiche Briefe und Anrufe zu diesem „Taubenkot-Hotspot“ erreichten unsere Redaktion. Ich habe mir die Situation vor Ort angesehen. Unsere Leser haben recht. Die Passage ist völlig verdreckt. Diese Abkürzung, die vom Werth aus hinüber zur Schuchardstraße führt, ist wahrlich kein Erlebnis-Walk. Aber: Ist die Passage wirklich nur wegen des Taubenkots so unattraktiv? Jeder, der den Ort kennt, spaziert jetzt mal mit mir gedanklich dort durch: dunkel, grau, unansehnlicher Anstrich, Zigarettenstummel, Kaugummis und anderer Müll auf dem Boden.

Aber zurück zu den Tauben. Während bei den einen beim Anblick dieser Vögel die verbale Inkontinenz ausbricht (an dieser Stelle habe ich einige Beispiele gesammelt: „Fliegende Ratten“, „Ratten der Lüfte“ oder auch „Drecksviecher“), finden die anderen, dass es schützenswerte und hilfebedürftige Lebewesen sind. Zu Letzteren zähle ich mich auch. Warum? Weil die Tauben in unserer Stadt keine Wildtiere sind. Sie sind Stadttauben, stammen von Haustauben aus Taubenschlägen ab. Sie wurden gezüchtet, ebenso wie Brief- oder Ziertauben. Stadttauben sind also verwilderte, obdachlose Haustauben. Verlorengegangene Haustiere, die sich unkontrolliert vermehrten. Und da sie genetisch noch etwas von der wilden Felsentaube in sich tragen, die in Felsen ihre Nester baut, braucht die Stadttaube daher unsere Häuser, Brücken oder Passagen, weil sie Felsen ähneln.

Ich verstehe den Ärger um „Taubenkot-Hotspots“ und finde den Zustand der Passage in Barmen auch nicht schön. Das Problem muss gelöst werden. Die Neugestaltung der Fußgängerzone in der Barmer City (Stichwort „Kulturteppich Barmen“) wäre doch ein toller Anlass, sich Gedanken um diese Passage zu machen, den Eigentümer auf die Kot-Problematik anzusprechen und eine Lösung zu finden. Die Tauben sind nun mal da. Statt nach ihnen zu treten, sollten wir uns überlegen, wie wir mit der Problematik umgehen können. Immerhin ist der Mensch durch die langjährige Züchtung dieser Vögel und die damit verbundene genetische Veränderung verantwortlich für sie.

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