Kommentar zur Fertigstellung der Nordbahntrasse So geht Werbung für Wuppertal

Wuppertal hat in der jüngsten Zeit viel einstecken müssen. Die Zahl der Ereignisse, die trennen, die kein Wir-Gefühl hervorrufen, ist (immer noch) viel zu groß. Und dann zeigt ein Rad- und Fußweg, dass es auch ganz anders geht?

 Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Foto: Bettina Osswald

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Aber die Trasse ist nicht nur ein Rad- und Fußweg. Sie ist sie ein Symbol dafür, wie etwas Wichtiges funktionieren kann, wenn alle Wuppertaler in eine Richtung an einem gemeinsamen Strang ziehen. Zwar zwischendurch mit unterschiedlicher Intensität, sogar mit Phasen des Stillstandes wegen (scheinbar) unbedingt nötigem Diskussionsbedarf und wegen definitiv unnötigem Streit — aber grundsätzlich immer in eine Richtung.

Der fast zehnjährige Weg von der Idee bis zur Komplettöffnung vor fünf Tagen ist ein Beispiel für das oft holpernde, aber schließlich erfolgreiche Zusammenwirken von Bürger-Engagement und Verwaltungshandeln. Beide Seiten haben viel voneinander gelernt — ob sie wollten oder nicht. Und es ist zu hoffen, dass die Seite der Verwaltung ein bisschen mehr gelernt hat: dass ohne Leidenschaft und Wollen keine großen Dinge entstehen. Dass, wenn es um ein faszinierendes Ziel geht, Bewegung her muss — plus Flexibilität und Phantasie.

Dass dabei mit dem städtischen Projektleiter Rainer Widmann ein echter Glücksfall am Start war, verdient besondere Erwähnung. Widmann, der mit Ende dieses Jahres offiziell in den "Ruhestand" geht, trotzdem aber noch sechs Monate an Bord bleibt, bis die Trasse wirklich ganz fertig ist, hat nie, auch nicht, wenn es wirklich schwierig wurde, ein (von außen eingekauftes) Kommunikationskonzept gebraucht. Er hat einfach immer selbst für die nötige Kommunikation gesorgt — ruhig, freundlich, ehrlich. Und das Ziel nie aus den Augen verloren.

Das gilt ebenso für die "andere" Seite dieses Doppel-Teams aus Bürgerschaft und Stadt: Ohne "Wuppertalbewegung"-Chef Carsten Gerhardt, ohne seine Ungeduld, ohne sein kritisches Sich-nicht-Abfindenwollen wäre die Trasse nicht geworden, was sie jetzt ist. Auch er hat das Ziel nie aus den Augen verloren. Ich habe das an dieser Stelle schon vor Jahren einmal gesagt: Wenn Gerhardt als unabhängiger Kandidat bei einer OB-Wahl anträte, müssten sich alle etablierten Polit-Mitbewerber sehr warm anziehen.

Zum Schluss: Viele Unternehmen, Stiftungen und Institutionen haben die Trasse finanziell unterstützt. Ganz viele Bürger haben große, mittlere und kleine Geldsummen gespendet sowie ehrenamtlich mit ihren Händen mitgeholfen. Dieser Einsatz aller Bevölkerungsschichten hat die unverzichtbaren Förderkanäle von Land und Bund geöffnet. Und die Männer des zweiten Arbeitsmarktes haben mit ihrem Einsatz an Hunderten von Trassenbaustellen etwas geleistet, von dessen Bedeutung leider viel zu wenige Wuppertaler wissen.

Nun ist die Trasse fertig. Alles, was dafür notwendig war, hat sich gelohnt. Jetzt muss es nur noch zu regnen aufhören. Dann ist alles gut.

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