Kommentar zu #metoo Der Blick von oben
Wuppertal · #metoo legt eine steile Kurve hin und führt bis zu öffentlichen Schilderungen von Vergewaltigung. Fangen wir aber mal ganz vorne an. Was hat uns #metoo gelehrt? In erster Linie, dass es immer noch einen Graben zwischen Frauen und Männern zu geben scheint, der sich gerade im Beruf offenbart.
Wo beginnt dieses Machtgefälle, ab welchem Punkt ist es spürbar und benennbar?
Zumindest was die Wuppertaler Politik betrifft hat Roswitha Bocklage skizziert, in welchem Moment Männer auf Kolleginnen anders reagieren als auf ihre männlichen Mitstreiter: Sobald Frauen das Wort erheben. Mehrmals hat sich die Gleichstellungsbeauftragte auf die Empore des Ratssaals gestellt und das Verhalten protokolliert. Ihre Analyse: Sobald eine Frau vor dem Plenum steht, sinkt die Aufmerksamkeit der männlichen Zuhörerschaft. Die Männer stehen auf, holen sich etwas zu trinken, spielen am Handy oder iPad.
Ich habe davon einem liberal eingestellten, sehr geschätzten Bekannten erzählt. Seine Reaktion: "Schau dir die Frauen aus der Wuppertaler Politik doch mal an…" Gehen Männer tatsächlich davon aus, dass eine Frau schön sein muss, um ihren Respekt und Aufmerksamkeit zu verdienen? Man möge sich an dieser Stelle nur einmal vorstellen, wie oft Frauen, würden sie ebenfalls nach diesem Schema funktionieren, ihren Platz im Wuppertaler Rat verlassen müssten...
Natürlich sprechen wir hier nur über eine bestimmte Gruppe von Männern und nicht über ein Verhalten, das pauschal jedem Mann unterstellt werden darf. Doch muss man registrieren, dass auch im Jahr 2018 — und zwar nicht nur in der Wuppertaler Politik — in vielen männerdominierten (Berufs-)Welten bei Frauen der Maßstab der Äußerlichkeiten angelegt wird. So hält sich hartnäckig jene Form von Sexismus, die Roswitha Bocklage in der Gesellschaft spürt und die zum Beispiel bei Donald Trump nur ihre Zuspitzung erfährt.
Übrigens, weil diese Frage an dieser Stelle naheliegt: Nein, in der Rundschau-Redaktion geht es glücklicherweise anders zu. Hier arbeiten Männer und Frauen auf Augenhöhe und hört der eine der anderen zu. Und umgekehrt.
Und dennoch hat sich für dieses Interview wieder eine JournalistIN mit einer ExpertIN getroffen. Es war für beide Seiten ein inspirierendes Gespräch, das, so hoffen wir, nicht nur viele LeserINNEN finden wird...